Datum 1989
höchste Platzierung 2
Album Raw Like Sushi
Website http://nenehcherry.com

BEHÄBIG FLACKERND

Ray Petri, der Londoner Modedesigner und Fashion House-Erfinder, hat nach Japan eingeladen. Und viele Prominente ließen sich das nicht nehmen zu erscheinen. So auch Cameron McVey, der britische Songwriter, Musikproduzent und SĂ€nger. Obwohl – so wirklich prominent war McVey bislang auch noch nicht, seine großen Albumproduktionen sollten erst noch kommen: „Blue Lines“ von Massive Attack (1991), das DebĂŒtalbum der All Saints (1997), „One Touch“ der Sugababes (2000). Aber wie das Schicksal halt so manchmal seine seltsamen BlĂŒten treibt: Auf dem Flughafen Heathrow Airport traf der 30-JĂ€hrige im Jahr 1987 zufĂ€llig auf eine andere Reisende, die sich entweder im „World Shopping“ nach zollfreier Ware umschaute oder am Terminal 3 aufmerksam die Abfluginformationen betrachtete. Ihr Name: Neneh Mariann Cherry, geborene Karlsson.

Drei Jahre spĂ€ter folgte die Heirat, zwei Töchter kamen auf die Welt. Doch vor der Ehe stand erstmal die musikalische Zusammenarbeit auf der Agenda. McVey produzierte Cherrys erstes Album „Raw Like Sushi“ – und schaffte fĂŒr das frisch verliebte PĂ€rchen einen unglaublichen Durchbruch. Die Platte kassierte in Deutschland Platz 10, in den Großbritannien Platz 2 und in den USA – immerhin bemerkenswert fĂŒr ein DebĂŒt – Platz 40. Vieles ist autobiographisch, vor allem die Schuljahre werden thematisiert.

Nachdem „Buffalo Stance“ bereits europaweit die Hitparaden entflammte, bot auch der Nachfolgehit eine beeindruckende Chartsperformance: In Deutschland gelang sogar ein zweites Mal infolge die Silberposition. „Manchild, will you ever win. Manchild, look at the state you’re in. Manchild, he will make you cry.“ Cherry beleuchtet die SelbstĂŒberschĂ€tzung des starken Geschlechts und bekundet ihre Sorgen um dessen IdentitĂ€t, singend und rappend auf behĂ€big flackernden Hip-Hop-Beats mit schrĂ€gen Akkordfolgen. Ihr Gesang ist sicherlich nicht ihr grĂ¶ĂŸter Trumpf, mit dĂŒnner Stimme arbeitet sich die Schwedin durch die Refrains, wĂ€hrend ihre Rapparts Selbstbewusstsein und Durchschlagskraft verkĂŒnden. Doch der Mix aus Pop, Dance und Hip-Hop funktioniert insgesamt auch im Balladengewand recht gut.

Die WĂŒrdigungen fĂŒr ihr starkes SolodebĂŒt ließ nicht lange auf sich warten: 1990 scheiterte sie bei den Grammy Awards in der Kategorie „Best New Artist“ nur ganz knapp an einem gewissen Duo namens Milli Vanilli, das bald darauf – die UmstĂ€nde sind bekannt – den Preis wieder zurĂŒckgeben musste. DafĂŒr gab es im gleichen Jahr den Brit Award fĂŒr „Raw Like Sushi“.

Abgesehen vom ĂŒberragenden „7 Seconds“ aus dem Jahr 1994 fiel der Börsenkurs der Cherry-Aktie kontinuierlich in den Keller. Stattdessen machte sich bald ihr Stiefsohn auf den Weg, die internationalen Hitparaden mit seiner Hip-Hop- und Dancehall-Mischung zu beglĂŒcken. Sein Name: Marlon Roudette.

Aktuell: Sie ist wieder da: TV-Auftritte, Gelegenheitskonzerte, neue Tracks. Neneh Cherry hat sich aus der Unscheinbarkeit wieder heraus gekĂ€mpft. Ihr 2018er Album „Broken Politics“ ist grandios.

Urteil: Inhaltsstarke Lyrics, aber eine etwas magere Gesangsperformance – das sind die Ingredienzien fĂŒr ein braves Pop-Rap-Paket.

Jan

 

Neneh Cherry – Manchild

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