Datum 2007
höchste Platzierung 2
Album Frenetica
Website http://www.marquess.de/

FLUFFIG-SPRACHPANSCHIGE SOMMERLAUNE

„Dilettantisch!“ „Peinlich!“ „Eine Frechheit!“ Gebürtige sowie Volkshochschulspanier sind einhelliger Meinung: Der Text geht gar nicht. Die Phonetik ist schlampig, die Grammatik eine Katastrophe, der Inhalt komplett sinnfrei, ja schon der Titel ist von vorne bis hinten falsch: „Vayamos“? Wer sagt denn sowas? Egal, selbst in Spanien schien man offensichtlich, so der gebürtige Bad Oeynhousener Sascha Pierro in einem Interview mit dem Berliner Szenemagazin PRINZ vor einigen Jahren, sich für die Sangriahits der Band zunehmend zu begeistern: „Wir sind sogar im Radio zu hören. Wir haben kürzlich auf einer spanischen Hochzeit gespielt. Zuletzt bekamen wir sogar Anfragen aus Brasilien, obwohl die dort gar kein Spanisch sprechen, wo man denn unsere Musik bestellen könne.“

Ob sich die iberische Hochzeitsgesellschaft womöglich vor Lachen den Bauch gekringelt hat oder das Hannoveraner Quartett Begeisterung hat auslösen können, ist nicht überliefert. Fest steht jedoch: Marquess sind nicht wirklich die Lieblinge des Popfeuilletons, auch die Jugendmagazine hielten sich hinsichtlich einer ausführlicheren Berichterstattung über die durchaus hübsch anzusehenden Jungs merklich zurück. Vielleicht war dann doch einfach zu offensichtlich, dass spanisch trällernde Musikanten aus Niedersachsen durchaus den Code für erfolgreiche fluffig-anspruchslose Sommerhit-Auswürfe wie „Vayamos Companeros“ entschlüsselt haben – jedoch sich angesichts ihrer Sprachdefizite doch irgendwie etwas der Lächerlichkeit preisgeben.

Der Song, im Sommer 2007 ein souveräner Platz 2-Charter, bringt ja eigentlich alles mit, was man für ein paar mediterrane Tage am andalusischen Strand, sagen wir mal, an der Costa del Sol, benötigt: relaxter Rhythmus, frivoles Pfeifthema, einprägsamer Refrain. Und natürlich die obligatorische Flamenco-Gitarre, die sowieso lustvolles Hüftewackeln gewährleistet. Aber dann schon wieder ein Wermutstropfen, denn der Song erinnert doch sehr stark an den Klassiker „La Colegiala“, also große Punkteeinbuße in Sachen Originalität.

Immerhin der Text bleibt einzigartig, wie wohl auch der ein oder andere muttersprachliche Spanier bestätigen dürfte: „Vayamos compañeros. Por las buenas o por las malas, tenemos gracias en las moradas. Empezaremos una nueva cosa. Porque lo hemos pasado bomba, vayamos compañeros.“

Für die vier Jungs Sascha, Marco, Christian und Dominik war „Vayamos Companeros“ mit 150.000 verkauften Einheiten der größte Hit überhaupt – und nicht zuletzt für lange Zeit auch der letzte. Auch das Album „Frenetica“ verkaufte sich überragend, von der Musikplattform laut.de wurde die Platte sogar mit ganzen zwei von fünf Punkten bedacht. Nicht sonderlich ermutigend für eine Band, die doch lediglich spanisch anmutende Unterhaltungsmusik für Hochsommerabende auf dem heimatlichen Balkon produzierte.

Aber wie ernst meint es die Band eigentlich mit dem südeuropäischen Lebensgefühl? Zum Beispiel mit Sangria und Paella und so? Dominik, der Gitarrist? „Das letzte Mal habe ich vor einem Jahr in Linden Sangria getrunken. Da hab ich gleich Kopfschmerzen von bekommen. Nein, Sangria mögen wir überhaupt nicht. Paella muss auch nicht unbedingt sein.“

Es ist zwecklos. Da heißt es am besten umsteigen, das Land hat wirklich viele tolle Band zu bieten: Jarabe de Palo, Los Piratas, Amaia Montero…

Aktuell: Marquess sind 2019 deutschlandweit auf Tour. Eines ihrer letzten Songs ist „Calle delle ritmo“, nach der üblichen Rezeptur.

Urteil: Ohrwurmlied mit einer breiten Rezeptur windschnittiger, sommerlicher Liebelustundguterlaune Essenzen – nur leider von bemerkenswert unübersehbarem Kommerzkalkül, der das ganze schnell schal werden lässt.

Jan

 

Marquess – Vayamos Companeros
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