Datum 1986
höchste Platzierung 3
Album Break Every Rule
Website http://www.tinaturnerofficial.com/

DIE POWERFRAU IN HOCHFORM

Erst die Hände, dann die FĂĽĂźe: Darauf achtete Tina Turner ganz besonders, wenn sie Männer das erste Mal kennenlernte. So äuĂźerte sich die gebĂĽrtige US-Amerikanerin jedenfalls in einem Interview mit dem „Rolling Stone“ 1986. Dazu gab sie auch bekannt, dass ihr betont sexy Auftreten gar nicht wirklich den Männern zugedacht war, sondern vielmehr den (schwarzen) Frauen, die sie fĂĽr sich zu gewinnen versuchte: „I always work to the women, because if you’ve got the girls on your side, you’ve got the guys. Black women can very easily become jealous. And I didn’t want them to dislike me onstage, so I started working to them years ago.“ (Quelle: Rolling Stone)

All dies gab Turner im Interview gern zu Protokoll, genauso wie sie besonders ausfĂĽhrlich ĂĽber die schwere Zeit mit ihrem Ex-Mann Ike berichtete, der unzählige Male Gewalt an ihr ausgeĂĽbt hatte, und nicht zuletzt die eigene Familiengeschichte freimĂĽtig aufarbeitete. Das war durchaus eine ungewöhnliche Promotion fĂĽr ihr neues Album „Break Every Rule“ – der Name war wohl irgendwie Programm. Aber Arroganz und Hochnäsigkeit lagen der 47jährigen eh ziemlich fern, und somit bestach sie vor allem mit ihrem Image einer Arbeitertochter aus einfachsten Verhältnissen, die sich zu einer weltweit bewunderten Powerfrau mit neckischer Rockerpose hochgekämpft hatte. DafĂĽr liebte man sie nun mal. Es hätte Mitte der 80er nicht besser fĂĽr sie laufen können.

Mit „Typical Male“ bearbeitete sie das Männerthema in einem recht flotten Poprock-MaĂźanzug vom Altmeister Terry Britten, der sich bereits fĂĽr „We Don’t Need Another Hero“ und „What’s Love Got To Do With It“ verantwortlich zeichnete und von Diana Ross ĂĽber Cliff Richard bis Status Quo schon nahezu jeden Verantwortlichen aus dem Rockbereich als Produzent versorgte. Mit souveräner Leichtigkeit erzählt Turner von der unzulänglichen Liebe zu ihrem „Anwalt“ und gibt dabei natĂĽrlich wieder ihr gesamtes Stimmvolumen zum Besten. Klar kommt wieder mal das obligatorische Saxophon zum Einsatz und hätten den Instrumentals etwas weniger Synthieffekte gut getan, aber der fulminante Refrain reiĂźt alles heraus: „All I want is a little reaction, just enough of to tip the scales, I’m just using my female attraction, on a typical male, on a typical male.“ Und natĂĽrlich auch das Schlagzeug: Immerhin hat sich hierfĂĽr extra Phil Collins an die Trommeln gesetzt.

Was ĂĽbrigens Turner und die Männer und damit das Thema „Typical Male“ betrifft, ist die inzwischen ĂĽber 70jährige stets eher konservativ geblieben. Ăśber ihren deutschen Ehemann Erwin Bach berichtete sie gegenĂĽber dem Musik-Express 1993: „Erwin ist der netteste Mann, den ich kenne. Er versteht, daĂź man gerne Blumen bekommt, daĂź es schön ist, wenn einem jemand die TĂĽr aufhält und kleine Geschenke macht. Erwin weiĂź, daĂź eine Frau gern wie eine Dame behandelt werden möchte – also tut er es. Die meisten Männer tun es nicht.“

Ein Armutszeugnis fĂĽr den „typical male“ – zumindest wenn dieser seine Erfahrungen mit Tina Turner macht…

Aktuell: Tina Turner ist im Ruhestand, sie erreicht inzwischen die 80 Jahre. In Hamburg gibt es noch das Musical ĂĽber „Tina“ zu bewundern.

Urteil: Sehr souveränes Poprock-Stück von einer Tina Turner in Hochform, die wieder einmal ihre ganze Leidenschaft und Triebkraft in die Performance investiert.

Jan

Tina Turner – Typical Male
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