Datum 1986
höchste Platzierung 2
Album Please
Website http://petshopboys.co.uk/home

SYNTHIDURCHFÜTTERTE BILDÄSTHETIK

Ein Scheiß-Leben, hier am Rande der Vorstadt, aber es ist noch immer weniger beschissen als die bürgerlich-provinzielle Scheinidylle inklusive alkoholkranker Mutter, mit der sich Evan bisher herumschlagen musste. Und nicht nur er hält es zuhause kaum mehr aus, da sind noch einige andere: Jack, der mit seinem Stiefvater, einem afroamerikanischen Polizisten, im tiefen Zerwürfnis lebte, oder Sheila, die sich gegen die sexuellen Annäherungen ihres Vaters zur Wehr setzen musste, Evan, Skinner – all diese Kids sind vom Leben enttäuschte Punks, die nun geflüchtet sind und sich am Rande der Vorstadt, an der Interstate 605 nahe von Los Angeles, in ihre eigene Welt zurückgezogen haben, ins sogenannte „T.R.-Haus“. T.R. steht für „The Rejected“, die „Zurückgewiesenen“. Mit Einbrüchen und Konzertbesuchen halten sie sich über Wasser, stoßen jedoch zugleich auf die geballte Ablehnung der ansässigen Bürger und geraten bald in einen offenen tödlichen Konflikt mit diesen.

Der amerikanische Film „Suburbia – Rebellen der Vorstadt“ aus dem Jahr 1984 gilt heute als eine nahezu vergessene Parabel über gesellschaftliche Ausgrenzung und jugendliche Solidarität – den Pet Shop Boys diente jenes Drama als inhaltliche Vorlage für deren vierte und letzte Auskopplung aus ihrem Debütalbum „Please“. Die Verknüpfungen zum Film werden nahezu in jeder Textzeile deutlich, am stärksten im Motiv der wilden streunenden Hunde, die von der Bürgerwehr mit Namen „Citizens against crime“ gnadenlos gejagt, von den Punks wiederum gezähmt und als treuherzige Bewacher eingesetzt werden. Und so hört man im von Neil Tennant und Chris Lowe gewohnt synthidurchfütterten Popwerk „Suburbia“ am Anfang und mittendrin das Hundebellen und -kläffen zu Versen wie „Let’s take a ride, and run with the dogs tonight, in Suburbia. You can’t hide, run with the dogs tonight, in Suburbia.“ Im Musikvideo findet sich die dunkle Bildästhetik des Penelope Spheeris-Films in ähnlicher Form wieder, die Hunde sind hier Bestien und friedliebend zugleich, und die morbid-bedrohliche Vorstadtkulisse L.A.´s wird in teils farbigen, teils schwarz-weißen Aufnahmen aufgefangen. Mittendrin die beiden Briten, die sich – jene unversöhnlichen Gegensätze in ihren Rollen widerspiegelnd – als Spießer, Rebell und Ordnungshüter inszenieren.

Dass die Pet Shop Boys auf raffinierte Weise unpopuläre Themen und ironisch gebrochene Texte mit melodiösem Elektrofutter verweben können, gehörte schon immer zu ihren besonderen Qualitäten. „Suburbia“ macht da keine Ausnahme – das den Song bis zum Ende begleitende Kläffen der Vorstadtköter geht einem lange nicht mehr aus dem Kopf…

Aktuell (2019): 2019 treten sie beim Radio 2 Live Konzert im Hyde Park auf, später auf dem Edinburg Fringe Festival. Dazu erschien ein Live-Album: Inner Sanctum (Live At The Royal Opera House)

Urteil: Dem düsteren, ungewöhnlichen langen Intro folgt der eingängige wie textlich äußerst ausgefeilte Hauptakt mit gnadenloser 80er-Synthi-Attitüde. Sehr gut!

Jan

Pet Shop Boys – Suburbia
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2 Gedanken zu „Pet Shop Boys – Suburbia

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