Datum | 1984 |
höchste Platzierung | 2 |
Album | Suddenly |
Website | http://www.billyocean.com |
AKUSTISCHE MORGENGYMNASTIK FÜR 80ER-SOUL-LIEBHABER
Wenn es in den 80ern jemanden gab, der so etwas wie das gute Gewissen dieses musikalisch so irritierenden Jahrzehnts verkörperte, dann war es vielleicht Billy Ocean: Er machte dort weiter, wo die Anbiederung Stevie Wonders an den Synthisound dieser Jahre aufhörte, mit weicher Stimme und tanzbarem Grundgerüst. Gelungene Beweise für dieses Konzept offenbarte er bei seinem 1984er Album „Suddenly“ mit Titeln wie „Loverboy“, „Lucky Man“ und „Mystery Lady“. Balladen wie der Titelsong kamen dagegen eher wie verwässerter Schmusesoul daher und ließen Tiefe vermissen. Gerade deswegen waren Produktionen wie „European Queen“ eher für ihn geschaffen: Solide Morgengymnastik für die Ohren, kein entfesselter R&B, keine delikaten Akustikliebeshilfen wie Marvin Gaye oder Luther Vandross, aber gut arrangierter Soulpop mit dem nötigen Schmachtcharakter.
Um vorneweg die Märkte präzise abzudecken, brachte Ocean gleich drei verschiedene Versionen heraus: „Caribbean Queen“ für die karibischen, „African Queen“ für die afrikanischen und „European Queen“ für die europäischen Regionen. Auf „Asian Queen“, „Australian Queen“ sowie „Ludwigshafener Queen“ musste jedoch verzichtet werden, dafür bekam man kontinentalübergreifend dieselbe Damen-Anbetung in den Lyrics geboten – die Herkunft spielte bei Zeilen wie „She dashed by me in painted-on jeans. And all heads turned cos‘ she was the cream. In the blink of an eye I knew her number and her name. She said I was the tiger she wanted to tame.“ dann offenbar doch keine wirklich ausschlaggebende Rolle. Vielmehr bedeutete der Song für den gebürtigen Trinidader, der im Alter von 7 Jahren mit seiner Familie nach London zog, einen nicht unerheblichen Durchbruch nach knapp acht Jahren Musikerlaufbahn: Für „European/Caribbean/African Queen“ kassierte er 1985 einen Grammy in der Kategorie Best Male R&B Vocal Performance, als erster Brite überhaupt! Übrigens, der bereits erwähnte Stevie Wonder sammelte in seiner Karriere ganze sechs dieser Auszeichnungen. Dessen unumstrittene Größe hatte Ocean nicht erreichen können, sein bescheiden-sympathisches Auftreten brachte dem Mitte 30jährigen jedoch trotzdem bis heute einen guten Ruf ein. Und wo hatte der Mann nur diesen grau-beigen Pullover her, der am Anfang des Musikvideos zu sehen ist und den Eindruck hinterlässt, als hätte der Sänger gerade im Londoner East End in der Brick Lane seinen gepflegten Afternoon Tea eingenommen?
1984 landete er mit „European Queen“ für eine Woche auf dem zweiten Platz in Deutschland. Anfang der 2000er fand man den Song auch auf einem Sampler mit den besten Maxi-Versionen der 80er bei Media Markt – drei CDs zusammengepackt in einer limitierten Jeanstasche…
Aktuell (2017): Optisch ist er kaum wiederzuerkennen: Dreadlocks und grauer Vollbart sind nun bei Billy Ocean angesagt. Er tritt regelmäßig in den USA und Großbritannien auf, 2016 kam ein Best-Of-Album heraus. Auch 2019 ist er weiterhin auf Tour.
Urteil: Leicht verdauliches 80er-Neo-Soul- und R&B-Stückchen, das mit pointiertem Refrain und einem schnörkellosen Gesang überzeugt.
Jan
https://www.youtube.com/watch?v=RSah7SZZTwU
Hat dies auf Liebes Tagebuch….. rebloggt und kommentierte:
Das mit den verschiedenen Versionen hat sicher keiner euer Leser gewusst.thx
Jetzt kann sich keiner herausreden, er hätte es nicht bei uns erfahren;-)