Datum 1971
höchste Platzierung 6
Album Candles In The Rain
Website http://melaniesafka.com

ERGREIFENDES STONES-COVER EINER WOODSTOCK-LEGENDE

Sie verabschiedete sich noch schnell von ihrer Mutter, dann stieg sie in den Helikopter, die RotorenblĂ€tter begannen sich zu drehen und kurz darauf schwebte sie dem grĂ¶ĂŸten Auftritt ihrer Karriere entgegen. Woodstock-Festival, Freitag, der 15. August 1969, irgendwann nach halb 11 Uhr abends. Ravi Shankar hatte sein Konzert wegen des starken Regens abgebrochen, spĂ€ter sollte noch Joan Baez auftreten. Die ursprĂŒnglich terminierte Incredible String Band war nun fĂŒr den nĂ€chsten Tag eingeplant. Aber jetzt war sie dran, die 22jĂ€hrige New Yorkerin namens Melanie Anna Safka, oder schlicht Melanie. Es regnete noch immer in Strömen, als die FolksĂ€ngerin die BĂŒhne betrat, mit ihrer Akustikgitarre und unermesslichem Lampenfieber. Vor ihr standen und saßen Tausende, Zehntausende,vielleicht schon mehr als Hunderttausende berauschte Besucher und starrten das zierliche MĂ€dchen erwartungsfroh an. Dann legte sie los, „Beautiful People“, ein etwas störrisch aufgebautes Liedchen, das sie jedoch mit wild zupfender Gitarre und energischer Stimme vortrug. Kurz nach dem Beginn gabÂŽs verhaltenen Höflichkeitsapplaus, dann jedoch hielten die Zuschauer die zuvor verteilten Kerzen in die Höhe und schenkten der SĂ€ngerin ihre Sympathie. Der Beifall am Ende war enorm, deutlich gestĂ€rkt daraus hervorgehend schrie sie mit kraftvoller Stimme der Menge das zweite StĂŒck „Birthday Of The Sun“ entgegen. Das waren sie, jene acht Minuten, die eine Generation entscheidend mitprĂ€gten – und Melanies eigenes Leben komplett verĂ€ndern sollte.

Nun kamen die kommerziellen Erfolge, erst mit dem Song „Brand New Key“, der 1971 an die Spitze der US-amerikanischen Hitparade gelangt, und nur kurz darauf mit der Coverversion „Ruby Tuesday“, die vorwiegend in Deutschland und Großbritannien abrĂ€umte. Hierzulande war das Original der Rolling Stones lediglich auf der B-Seite von „LetÂŽs Spend The Night Together“ zu finden. Der Song handelt von Keith RichardsÂŽ damaliger Ex-Freundin, Linda Keith, die sich zu jenem Zeitpunkt hĂ€ufig mit Jimi Hendrix getroffen hatte und zahlreiche Drogen konsumierte. Melanie wandelte die Rockballade in eine deutlich dramatischer arrangierte Folkhymne um, und verlieh den Worten „Goodbye, Ruby Tuesday, who is gonna hang a name on you? When you change with every new day. Still I’m gonna miss you!“ den passenden anklagenden wie zutiefst berĂŒhrenden Charakter. Kein Wunder bei einer Stimme, die Massenansammlungen kiffender Pazifisten mit gewaltigem Pathos zu ĂŒberschĂŒtten verstand.

Bis heute kĂ€mpft sie gegen nörgelnde Musikkritiker an, die sie eher als alterndes Woodstock-Relikt statt als begabte Songwriterin wahrnehmen, ihre beeindruckend große Diskographie vereint wohl viel Durchschnitt mit wenigen echten Highlights. Melanies „Ruby Tuesday“ geht jedoch definitiv als eine der gelungensten Coverversionen ĂŒberhaupt in die Musikgeschichte ein.

Aktuell: Inzwischen hat die Amerikanerin deutlich an Gewicht zugenommen, AuskĂŒnfte von ihr zum einstigen Woodstock-Auftritt sind immer noch sehr gefragt. Zuletzt kollaborierte sie mit Miley Cyrus.

Urteil: Bemerkenswert interpretiert, gefĂŒhlsgewaltig und hingebungsvoll: Was bereits zum Besten der Stones gehört, findet in der jungen Melanie eine wĂŒrdige Nachahmerin.

Jan

Melanie – Ruby Tuesday
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