Datum | 1983 |
höchste Platzierung | 8 |
Album | Der Knutschfleck |
Website | – |
PIEPSIGER SCHULPĂPPCHEN- UND PETTINGPOP
EiswĂŒrfel sollen helfen, oder ein KĂŒhl-Akku, der in ein Tuch gewickelt wird. AuĂerdem Zitronensaft, groĂflĂ€chig aufgetragen. Vornehmlich um die Verbreitung zu unterbinden. Nun, es ist ja nicht unbedingt so, als dass es sich bei einem Knutschfleck einfach um die harmlose Hinterlassenschaft einer weiblichen Liebesbekundung gehen wĂŒrde. Vielmehr muss man in einem solchen Fall von einem gefĂ€hrlichen Bluterguss ausgehen, der jede Menge Schaden anrichten und Gefahr fĂŒr Leib und Leben bedeuten kann. Und wenn am nĂ€chsten Tag immer noch die Spuren dieser offenkundigen Hautmisshandlung zu sehen sind, sollte man am besten mit Haut- und Wundsalben die betreffende Stelle behandeln. Oder vielleicht zum Arzt gehen. Oder sich mehrere Male das kleine lustige NDW-StĂŒckchen von Ixi auf Vinyl-Singleschallplatte anhören – Stress und Aggressionen sollen ja zumindest durchblutungsfördernd sein.
Gaby Tiedemann war 21 Jahre alt, als ihr mit „Der Knutschfleck“ der erste und zugleich letzte Top-10-Erfolg in Deutschland gelang. FĂŒr Text und Produktion war Balthasar Schramm verantwortlich, der sehr viel spĂ€ter, 2001, zum Chef von Sony Music ernannt worden war. Tiedemann alias Ixi hatte bereits zuvor mit „Detlev“ einen ersten Achtungserfolg errungen. Allerdings vor allem aufgrund des kollektiven Radioboykotts, der aufgrund von Textzeilen wie „Detlev, ich bitte dich, geh doch fĂŒr mich auf den Strich“ verhĂ€ngt wurde. Doch ermutigt durch diesen dezenten Miniskandal wurde nur wenige Monate spĂ€ter „Der Knutschfleck“ auf die Menschheit losgelassen.
Eben diese vernahm zu kreiselnden Keyboard-Figuren im Hintergrund die Kinderlied-Verse „Ene mene muh, heraus bist du, heraus bist du noch lange nicht, musst erst sagen, wie alt du bist! Eins, zwei, drei, vier, eins, zwei, drei, vier…“ Herzlos unironisch, gar bemĂŒht witzlos, endreimt sich der Elmshorner Struwwelkopf ungestraft durch Zeilen wie „Du, darfst mit mir ’ne Brause blubbern, du, manchmal meine Nase stuppen, du, darfst im Matsch mit mir rumwĂŒhlen, du, heimlich Doktor mit mir spielen“ und bewies damit eindrucksvoll, dass so manches Produkt der Neuen Deutschen Welle denselben Weg hĂ€tte nehmen sollen wie die vermeintlich originalen Hitler-TagebĂŒcher, die in jenem Jahr 1983 der „Stern“ der Ăffentlichkeit vorgestellt hatte.
Ein solch bemĂŒht unkeusches SchulpĂŒppchenwerk hatte auch kaum einen anderen Auftritt verdient wie jenen, den Ixi noch im selben Jahr in der ZDF Hitparade hingelegt hatte. „Vor lauter Aufregung habe ich kaum einen Ton richtig hingekriegt“, Ă€uĂerte sich Ixi auf einer NDW-Fanseite (ichwillspass.de). „Markus, der den ersten Platz mit der ‚Kleinen Taschenlampe‘ belegt hatte, hat mir vorher so sĂŒĂ das HĂ€ndchen gehalten… aber ich hatte ein schreckliches Lampenfieber, da war nichts zu machen. Platz 4 ist es dann geworden und mein Produktmanager hat mich nach der Sendung ziemlich ĂŒbel beschimpft, weil mein Auftritt nun wirklich nicht der Hammer war.“
Ixi’s Karriere war relativ schnell vorĂŒber, und wir sind heute auch klĂŒger geworden, denn mit einem Mythos muss noch dringend aufgerĂ€umt werden: Zahnpasta soll gegen Knutschflecken nichts ausrichten können. Vielleicht höchstens auf einer rotierenden Schallplatte mit NDW-Schlagern?…
Aktuell: Ixi lÀsst sich heute mal hier, mal dort mit verschiedenen Bands blicken, aber das war es auch schon.
Urteil: Blöder und furchtbar piepsiger Pettingpop, der sich dennoch rĂŒcksichtslos in die GehörgĂ€nge einbrennt.
Jan
….richtig, die Nummer vergisst man nicht, als mein Mailprogramm avancierte, dass ihr heute was zum knutschen geschrieben habt, wusste ich gleich wieder, wo ich das StĂŒck im Gehirn abgespeichert habe … „Unkraut“ vergeht nicht. 4Sterne von mir