Datum | 1998 |
höchste Platzierung | 6 |
Album | Love Parade 1998 – One World One Future – The 1998 Compilation |
Website | http://www.drmotte.de |
ELEKTROFUNKIGE RAVE-HYMNE
Von einer gewissen Stagnation zu sprechen, wäre wohl zuviel behauptet. Dennoch ließ sich feststellen, dass die Teilnehmerzahl der Jubiläums-Love Parade (es war die 10.) erstmals keine neuen Spitzenwerte erreichte. Zwischen 800.000 und 1 Million Technobegeisterte tanzten am 11. Juli 1998 hinter den 47 Wagen auf der Straße des 17. Juni, schätzungsweise bis zu 200.000 weniger als im Vorjahr. Vielleicht war auch diesmal der Wettergott für diesem leichten Einbruch verantwortlich, immerhin musste man sich an jenem Sonnabend im Juli erstmals in der Geschichte dieser Veranstaltung immer wieder mit periodisch auftretenden Regengüssen auseinandersetzen. Um 14 Uhr setzten sich die Trucks in Höhe des Ernst-Reuter-Platzes nach und nach in Bewegung, die Beats dröhnten aus den voll aufgedrehten Lautsprechern. Gegen 20:15 Uhr begann die Abschlusskundgebung an der Siegessäule, und Matthias Roeingh alias Dr. Motte zog ein DIN A 4-Blatt hervor, um den Millionen von Anwesenden und SFB/ORB-Zuschauern seine diesjährige Rede an die Welt vorzulesen. Wir zitieren: „Es ist sehr schön zu sehen, wieviele Menschen hier friedlich zusammenkommen, um zu ihrer Musik zu tanzen, mit ihrer… ihre… ihrer Freundn(?) zusammenzusein, oder sich einfach nur wohlfühlen zu wollen.“ Pfiffe. „Wir haben uns alle hier für die Love Parade entschieden, weil wir uns alle so bewegen können, wie wir es wollen.“ Noch mehr Pfiffe. (…) „Schauen wir uns doch mal gemeinsam diesen Ort, auf dem wir alle zusammen leben. Wir leben auf einem wunderschönen, blauen Planeten, eine Perle im Universum, unser Zuhause.“ Der Rest ist eine Ansammlung wirrer Erderhaltungsphantasien, die Dr. Motte mit der Technoparade zu legitimieren versucht. Unerträglich…
Verlässlicher und wesentlich mit mehr Talent gesegnet als der freie Vortrag vor einem Auditorium Hunderttausender präsentierte sich Dr. Motte dagegen bei der Produktion der Love Parade-Soundtracks, die er traditionell zusammen mit dem Technopionier WestBam herausbrachte. Der Titelsong zum 98er-Motto „One World One Future“ war von seinem Typus her perfekt eingebettet in die gleichförmigen Rave-Synthetikfabrikationen mit Elektrofunkeinschlag, wie sie von den Members Of Mayday bereits erfolgreich bei „Sonic Empire“ in der zweiten Hälfte der 90er Jahre vorexerziert wurden: flache Beats, lineare Bassline, Computervocals. „Sunshine“ 1997 hatte zwar etwas mehr Charisma, dennoch schlug sich „Love Parade 1998“ inklusive roter Noppenkugel, die im entsprechenden Musikvideo eine halbe Europareise unternimmt, recht gut in den Charts (Platz 6) und sorgte im Wesentlichen für ein positives Feedback seitens der Fans.
Zumindest für ein deutlich besseres, als dies hinsichtlich der Vortragskünste eines Dr. Motte der Fall war.
Aktuell: Nun gibt es auch die erste Love Parade-Ausstellung, in Zusammenarbeit mit nineties Berlin. Und im Funkhaus Berlin zelebrierte der DJ sein Oeuvre auf geradezu seriösem Terrain.
Urteil: Kein Meilenstein unter den Rave-Hymnen, aber ein solider und würdiger Soundtrack, der absolut in die Zeit der späten 90er passte. Denn: „Unsere Musik ist Ausdruck unseres Lebensgefühls!“
Jan
Richtig gut!