Datum | 1999 |
höchste Platzierung | 3 |
Album | …Baby One More Time |
Website | http://britneyspears.com |
GESCHMEIDIGER SPÄTPUBERTÄTSPOP
17 Jahre jung, und der Erfolg war einfach nicht mehr aufzuhalten. Ihr Debütalbum verkaufte sich mehr als 28 Millionen Mal, ihre ersten drei Hitsingles – „…Baby One More Time“, „Sometimes“ und „(You Drive Me) Crazy“ waren riesige Chartsstürmer. Und da die Platte genügend Knaller bereithielt, kamen gleich zwei weitere Songs auf den Markt: einer für die USA („From The Bottom Of My Broken Heart“) mit softem R’n’B-Einschlag, einer für Europa: „Born To Make You Happy“. Es war die vierte und letzte Auskopplung aus „…Baby One More Time“.
Und inzwischen mühte Britney Spears sich redlich, den Boulevardimpressionen einer wandelnden, kleinen und unreifen Altherrenfantasie Vorschub zu leisten: Wie sie dem „Rolling Stone“-Magazin 1999 erläuterte, stand sie vor allem auf erwachsene „Partyfilme“ mit emanzipierten Frauenfiguren wie „Seite an Seite“ und „Magnolien aus Stahl“, verfolgte gelegentlich die Romanzenserie „Dawson´s Creek“ und betete jede Nacht. Eine brave und etwas bieder wirkende Bauunternehmer-Tochter, die sich jedoch im Rahmen jenes „Rolling Stone“-Interviews für das Cover betont aufreizend ablichten ließ: im schwarzen BH, mit kurzen weißen, bepunkteten Shorts, die rot-braunen Haare lässig zur Seite geworfen – und mit Tinky-Winky von den Teletubbies im Arm. Dieses Spiel mit diffusen Anzüglichkeiten zwischen erotisch posierender Poplolita und prüdem Highschoolmädchen war Spears wie auf den Leib geschnitten. Sie war eine Kunstfigur, die sämtliche Grenzen der Selbstvermarktung nach Madonna neu definierte.
Bevor sie mit „Oops… I Did It Again“ ein paar Monate später erneut den PR-Zug in Richtung subtiler Lüsternheit nahm, verkaufte sie sich allerdings nochmal rechtzeitig vor Weihnachten angemessen seriös: „Born To Make You Happy“ behandelte nun vor allem das tiefsinnig räsonnierende Teeniemädchen, welches das abrupt erfolgte Ende seiner Partnerschaft zu seinem Liebsten aufgrund dessen Treulosigkeit zu verarbeiten versuchte: „I know I’ve been a fool since you’ve been gone, I’d better give it up and carry on (oh my love), ‚Cause living in a dream of you and me, Is not the way my life should be.“
Zwar wirkt der Song der Marke „Spätpubertätspop“ reichlich gewöhnlich im Vergleich zu Spears´ dynamischen Debüt, bietet dennoch soliden Herzschmerz-Quark für die BRAVO-Lesercharts-Community. Kein Wunder, hatte doch Produzent Kristian Lundin mal wieder seine erfahrenen Finger im Spiel, der nach seinen Eurodance-Erfahrungen mit Dr. Alban und Leila K. nun den späten 90er-Boygroupwahn mit zu verantworten hatte: So gehörten neben Spears auch die Backstreet Boys und ´N Sync zu seinen Kunden.
Übrigens: Derart seriös und konventionell, wie sich „Born To Make You Happy“ letztlich anhörte, war der Song bei der ersten Aufnahme gar nicht: Lundin sparte offenbar beim ersten Entwurf nicht mit sexuellen Konnotationen und bewirkte damit ein derart großes Unwohlsein bei der Amerikanerin, die solch frivole Inhalte nicht mit ihrem jungen Alter vereinbaren konnte, dass der Text nochmal umgeschrieben und angepasst werden musste.
Wahrscheinlich war es das einzige und letzte Mal in ihrer langen Karriere, dass Britney Spears in einem solchen Fall massiv eingeschritten ist…
Aktuell: Seit 20 Jahren ist Britney im Geschäft – inzwischen wieder mit mehr Boulevard und weniger Musik.
Urteil: Mit sehr harmonischen Klängen und effektvoller Background-Unterstützung, mit gefühligen Lyrics und geschmeidigem Synthiorgel-Einsatz hat sie hier durchaus punkten können. Auch wenn der Song vor gehobenem Mittelmaß fast zu zerfließen droht.
Jan