Datum 1960
höchste Platzierung 9
Album The Bashful Blond
Website http://www.brianhyland.com/

IMPERTINENTE JUXFOLTER

Sommer 1960, endlich mal einige Tage ausspannen, dazu mit Frau und Kindern – was kann es Schöneres geben? Das dachte sich gewiss auch Paul Vance, 31 Jahre alt, aus Brooklyn, New York. Als Songtexter war er gefragt wie kaum ein anderer seiner Zeit, und so ließ er sich nicht eine der seltenen Gelegenheiten entgehen, am Miami Beach die heiße Sonne Floridas zu genießen. In Gedanken vertieft und womöglich für sich resümierend, für welche namhaften Künstler er bereits erfolgreich tätig gewesen war (Eartha Kitt, King Size Papa, Carole Bennett, Kingston Trio, Perry Como, Doris Day), entdeckte er seine 2-jährige Tochter Paula, wie sie unweit von ihm kleine Burgen aus dem feinkörnigen Sand des Strandes baute, der immer wieder von den träge aufschwemmenden Wellen des Atlantiks unterspült wurde. Eben jene Tochter trug einen gelb gepunkteten Kinder-Bikini – nicht wirklich eine modisch faszinierende Erscheinung, was auch den anderen spielenden Kindern am Strand nicht entgangen war. Immer mehr Kinder machten sich fortan über Paula lustig, hänselten sie ob ihrer neonfarbenen Badekleidung, bis die Verspottete eingeschüchtert und weinend zu ihrem Vater eilte, um sich schließlich den Blicken der lachenden Kinder um sie herum zu entziehen.

Miami Beach, Sandburgen, Urlaub? All die Elemente dieser Erzählung können frei erfunden sein – der Rest jedoch ist keinesfalls erdacht. Vance erkannte in dieser Begebenheit das Potenzial eines neuen Songs, fertigte eine Demoaufnahme davon an und schickte diese dem Musikverleger George Pincus. Schließlich war es der bis dato weitgehend unbekannte und erfolglose Brian Hyland, wie Vance ebenfalls New Yorker, der mit seinen gerade einmal zarten 16 Jahren die Geschichte zur legendären Bikini-Demütigung besang. Es wurde nicht nur eine kalauer-artige Zotennummer, sondern zudem ein fulminanter Sommerhit: Platz 1 in den USA, eine Million verkaufte Tonträger innerhalb von zwei Monaten und ein Ansturm auf Bekleidungsläden mit Bikinis im Angebot.

Eigentlich ist der Song eine echte Zumutung, allein der Text fällt unter die Kategorie „grober Unfug“: „It was an itsy bitsy teenie weenie yellow polka dot bikini, that she wore for the first time today. An itsy bitsy teenie weenie yellow polka dot bikini, so in the locker, she wanted to stay.“ Doch Paul Vance hatte nun mal den richtigen Riecher bewiesen und folgerichtig fand das Lied nun auch Verwendung als akustisches Folterinstrument in Billy Wilders Komödie „Eins, zwei, drei“. 30 Jahre später folgte eine Hallodri-Dance-Variante des Timmy-Mallett-Projekts Bombalurina.

Wiederum 46 Jahre nach dem Welterfolg des Originalhits, im Jahr 2006, vermeldete The News-Times den Tod eines gewissen Paul van Valkenburgh, der sich den Künstlernamen Paul Vance verliehen, „Itsy Bitsy…“ geschrieben und einige Jahre vor seinem Tod verkauft haben solle. Vance musste der irritierten Veröffentlichkeit kurz nach dieser Nachricht mitteilen, dass er sowohl der Urheber dieses Blockbustersommerhits als im Übrigen auch noch am Leben sei.

Ob der gelbe Bikini seiner Tochter noch existierte, mit dem das ganze Unheil seinen Lauf nahm, ist nicht überliefert.

Aktuell: Brian Hylands Blog versauert weitestgehend, neue Auftritte sind seit 2010 auch nicht aufgeführt. Vielleicht doch mal Zeit für den Ruhestand?

Urteil: Ein von impertinenter Fröhlichkeit durchjuxtes Machwerk, das zwischen Sommerspaß und enervierender Blödelei pendelt.

Jan

Brian Hyland – Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellowpolka Dot Bikini

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