Datum 1974
höchste Platzierung 7
Album Albert Hammond
Website http://www.alberthammond.net/

BETULICHER HAUSFRAUENPOP

„Ich arbeite viel im Garten. Wir pflanzen unser eigenes GemĂŒse. Das macht viel Arbeit, Unkraut-JĂ€ten und so. Ich spiele gern mit meinen beiden Töchtern (…) und mit dem Hund. Dann haben wir einen Swimmingpool; bei uns in Kalifornien scheint fast immer die Sonne.“ Ein Ausschnitt aus der BRAVO-Ausgabe Nr. 50/1974, Seite 4, Headline: „A.H. brachte ein MĂ€dchen zum ErblĂŒhen“. FĂŒr 1,20 DM Kioskpreis bekam schon damals lobhudelnde Heldeninterviews aus der Grabbelkiste, deren Aussagewert hĂ€ufig stark gegen Null pendelten. Doch Stars wie der britische SĂ€nger Albert Hammond waren einfach begehrt auf den Titelseiten der Jugendmagazine (Titel: „Euch sage ich die Wahrheit“) und bedienten dank ihrer zuweilen aufgesetzten FannĂ€he und betulichen BodenstĂ€ndigkeit das Klischee des netten Schwiegersohns von nebenan: ein Traum fĂŒr die begeisterten weiblichen AnhĂ€nger Ende 1974, die sich zuweilen schon an Ă€hnlichen Vintage-Popstars wie Carl Douglas, George McCrae und Chris Roberts abarbeiteten.

Hammond war Mitte der 70er Jahre obenauf, als SĂ€nger und Songwriter war er gut gefragt. Vielleicht lag es auch an seinen originellen Songtiteln: Auf seinem dritten Album „Albert Hammond“ platzierte er neben „Everything I Want To Do“ – ein in allen Belangen eher unauffĂ€lliger Beitrag – Songs wie „I’m A Train“, The Girl They Call The Cool Breeze“, „I Don’t Wanna Die In An Air Disaster“ und „Mary Hot Lips Arizona“. Melodische Softdisco-StĂŒcke gehörten zu Hammonds CI, und so passte eben auch „Everything I Want To Do“ recht gut in die Reihe biederer glutenfreier Werke. Jedoch, Hammond war und ist kein schlechter Songschreiber und -texter, schon allein seine Umweltschutzhymne „Down By The River“ stach aus dem ĂŒblichen gereimten Liebesgequirl heraus. Und nun schaffte Hammond es sogar bei „Everything I Want To Do“, dem Thema ein paar recht charmante Aspekte abzugewinnen: „And I don’t want kids of mine, runnin‘ round and raisin‘ hell. But I don’t care what my kids do if they belong to you as well.“

Der Rest ist jedoch standardisierter Mitklatschpop mit einer gelegentlich fiependen Sirtaki-Gitarren-Begleitung, die sich ein wenig in unterklassiger Middle-Of-The-Road-Rhythmik trĂ€nkt. So nutzt sich auch der Grundtenor romanzenversunkener Fröhlichkeit schon nach wenigen Takten zunehmend ab und es bleibt ein Song eines ziemlich mittelmĂ€ĂŸigen Interpreten mit dem guten Riecher fĂŒr MainstreambedĂŒrfnisse.

Er wusste ja auch wofĂŒr – schließlich galt es ja fĂŒr die schulterlange Haarmatte, den eigenen Rasen und die weiblichen AnhĂ€nger dauerhaft zum ErblĂŒhen zu bringen…

Aktuell: „Live on stage“ ist der Brite immer noch regelmĂ€ĂŸig anzutreffen. Auf kleineren BĂŒhnen in kleineren StĂ€dten (Wimborne, Worcester, Milton Keynes, Newport) begegnet man dem Senior weiterhin.

Urteil: Etwas allzu penetrant auf Frohsinn abgestimmter Hausfrauenhit fĂŒr die erste Schlagerreihe, die sich in solchen Dur-Exzessen sonnt und die Melodie auch Sonntag morgens noch nach durchzechter Nacht fröhlich mitsummt.

Jan

Albert Hammond – Everything I Want To Do

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