Datum 1979
höchste Platzierung 1
Album Rock’n’Roll Juvenile
Website http://www.cliffrichard.org/

MELODISCHER POP EINES COMEBACK-PHÄNOMENS

Wenn man es genau nimmt, haben die Schweinegrippe oder die Legionellen-Seuche durchaus Ă€hnliche Charaktereigenschaften aufzuweisen wie Cliff Richard: Sie treten unvorbereitet auf, fordern jede Menge „Opfer“ und sind einfach nicht auszurotten. Im nunmehr 21. Jahr seiner Karriere brachte er seine 75. Single heraus, und man hatte auch im Jahr 1979 den Eindruck, dieser Mann arbeitet sich auf solch unerbittliche und ehrgeizige Weise durch die Musikgeschichte, dass es keiner großen AnkĂŒndigung seitens der Plattenfirma oder der Popjournaille bedurfte, um die KĂ€ufer sĂŒchtig nach den Schallplatten des Briten zu machen. Der Mann war und ist bis heute ein PhĂ€nomen.

Mit fast 40 Jahren gelang dem gebĂŒrtigen Inder wieder einmal ein Welterfolg, „We DonÂŽt Talk Anymore“ landete sowohl in Großbritannien als auch Deutschland auf Platz 1. Der „Peter Pan des Pop“, wie man Richard gerne mal betitelt hatte, war – obgleich er sich zuweilen auch recht cool und leger zu prĂ€sentieren wusste – an Drögheit und Spießigkeit kaum zu ĂŒberbieten: Sexstorys, wilde PartynĂ€chte, Glamour auf diversen roten Teppichen? Fehlanzeige. Statt die Presse mit faszinierenden Geschichten aus der Glitzerwelt des Show-Business zu versorgen, erzĂ€hlte er in Interviews lieber etwas ĂŒber den „Lammbraten, den seine HaushĂ€lterin Miss Latham fĂŒr ihn zubereitet, von formidablen Weißweinen und gemĂŒtlichen Abenden mit Freunden in einem guten Restaurant.“ (Quelle: Lothar Berndorff, Tobias Friedrich, „1000 ultimative Charthits“). Noch treffender fasste sein frĂŒherer Biograph Steve Turner das Mysterium des Sirs zusammen: „With Cliff, there’s always that element of uncertainty and puzzlement, because there’s something unresolved about his image.“ (Quelle: independent.co.uk)

Dass Richard vor allem aber zu jenen SĂ€ngern gehörte, dessen Beliebtheit wahrlich viele Generationen vereinte, wurde allein daran exemplarisch deutlich, dass er es Ende 1979 im Rahmen der legendĂ€ren Otto-Wahl auf die Titelseite der Bravo schaffte – und 1980 hinter Leif Garrett und Peter Maffay die Bronze-TrophĂ€e kassierte. Auf „We DonÂŽt Talk Anymore“ konnten sich nicht nur sĂ€mtliche Generationen an U-Musik-Konsumenten weitestgehend einigen, auch die sonst gern gehĂ€ssigen Kritiker mussten die SouverĂ€nitĂ€t, mit welcher Richard den Sprung vom letzten Nr. 1 Hit („Congratulations“, 1968) zum aktuellen Trend des Synthifunks gemeistert hatte, uneingeschrĂ€nkt anerkennen: Der Song funktioniert sowohl aufgrund des fluffig-harmonischen E-Orgel-Themas als auch wegen der angenehm unschmalzigen sowie leicht verbittert wirkenden Verse („It’s so funny why we don’t talk anymore, but I ain’t losing sleep and I ain’t counting sheep, it’s so funny how we don’t talk anymore.“) ziemlich gut.

Und setzt sich fest, hartnĂ€ckig. Wie eine schwere Grippe beispielsweise. Oder der Rinderwahn. Oder jede andere ominöse Seuche…

Aktuell (2019): Noch immer tritt Richard auf zahlreichen BĂŒhnen auf, im Sommer 2019 wird Großbritannien und DĂ€nemark bereist.

Urteil: Melodischer und ausgewogen instrumentierter Popfunktitel, der Richards wohlklingende Stimme auf einem samtigen Synthiteppich ausbreitet.

Jan

Cliff Richard – We Don’t Talk Anymore

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert