Datum 2003
höchste Platzierung 8
Album M!ssundaztood
Website http://www.pinkspage.com

AUTOBIOGRAPHISCHE MELODRAMATIK

„Eltern sollten ihren Kindern die Flausen aus dem Leib prügeln.“ Mit dieser Aussage sorgte Alicia Beth Moore alias P!nk 2010 für einigen Wirbel in der Öffentlichkeit. Dabei resultierte ihr diskussionswürdiges Statement vor allem aus jenen eigenen Kindheitserfahrungen, die später den textlichen Stoff für ihren Hit „Family Portrait“ liefern sollten.

Geboren wurde die Sängerin in Abington, Pennsylvania. Der Vater, ein Vietnam-Veteran irischer Herkunft, leitete ein Versicherungsunternehmen, die Mutter arbeitete als Krankenschwester und hatte sowohl deutsch-jüdische als auch litauisch-jüdische Vorfahren. 1986, als Alicia sieben Jahre alt war, ließen sich die Eltern scheiden, sie und ihr älterer Bruder Jason blieben bei der Mutter. Die Trennung vom Vater, zu dem Alicia ein sehr enges Verhältnis pflegte, gestaltete sich als Trauma: Alicia begann, Drogen zu konsumieren, Ecstasy und Alkohol, und sie rebellierte fortan gegen ihre Mutter. Diese schickte die 14-Jährige zunächst zur psychotherapeutischen Behandlung. Als auch diese nicht half und die Tochter schließlich in der 10. Klasse die Schule schmiss, kam es zum offenen Bruch: Die Mutter warf Alicia kurzerhand aus der gemeinsamen Wohnung.

P!nk schrieb während dieser Zeit zahlreiche Gedichte, um ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Eines dieser Gedichte bildete die Grundlage für den Text von „Family Portrait“. Der Song sollte zu den persönlichsten Stücken ihrer Werksammlung werden – es wurde gewissermaßen die autobiographische Verarbeitung ihrer Kindheit und Jugend. Aus der Perspektive eines jungen Mädchens referiert die Sängerin über die Qualen und Tiefgründe ihres Familienlebens zwischen Depression und Rebellion. Entsprechend dezent und bedacht trägt Pink die Refrainzeilen vor: „Can we work it out? Can we be a family? I promise I’ll be better, tell me I’ll do anything.“ Gerade die Authentizität ist zweifellos die Stärke des Songs – ansonsten hätten vielleicht etwas weniger Pathos und Schmerzkultivierung auch genügt.

Denn letztlich bleiben die Lyrics so platt und eindimensional wie das Musikvideo: Die sechsjährige Kelsey Lewis spielt hier die junge P!nk und investiert dabei ihr gesamtes schauspielerisches Können in eine Tränendrüsenmimik, die der hier bebilderten Familientragödie etwas zuviel Effekthascherei zumutet. Und wenn auch der Text zumindest passagenweise wirkungsvolle Dramatik beweist, wenn die Familiensituation mit den Worten „It ain’t easy growin up in World War 3“ beschrieben wird, hätten P!nk und Co-Autor Scott Storch (The Roots) sicherlich an anderen Stellen mit weniger Kitsch arbeiten können.

Dennoch gelang P!nk mit „Family Portrait“ eines der stärksten Würfe aus ihrem Album „Missundaztood“, zugleich bewies sie (sozusagen im Kontrast zu „Trouble“, das die öffentliche Wahrnehmung von jener Poprebellin vorwiegend selbstironisch behandelte) ihre Stärke darin, vor allem sich selbst zu thematisieren. Gerade im Hinblick auf eigene gesellschaftliche Ansichten muss man da als Popstar natürlich nicht immer konsequent bleiben:

Knapp ein dreiviertel Jahr, nachdem sich die US-Amerikanerin in jenem Interview im US-Fernsehen für die Prügelstrafe stark gemacht hatte, brachte sie ihr erstes Kind, Tochter Willow Sage, zur Welt. Weitere öffentliche Äußerungen zu der Anwendung archaischer Erziehungsmethoden gab es danach seitens der Sängerin nicht mehr…

Aktuell: P!nk ist und bleibt eine feste Größe im Popgeschäft, ihr aktuelles Album „Hurts 2B Human“ verkaufte sich ansprechend. Sie ist aktuell auf Tour, weitere Highlights sind in den nächsten Jahren definitiv zu erwarten.

Urteil: Trauriges Uptempo-Stück im R’n’B-angepassten Stil einer Mary J Blige, das von P!nk stark und ausdrucksstark performt wird, aber in seiner ganzen Melodramatik etwas zu stark auf den Taschentucheffekt abzielt.

Jan

P!nk – Family Portrait
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2 Gedanken zu „P!nk – Family Portrait

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