Datum | 1966 |
höchste Platzierung | 4 |
Album | Ballads Of The Green Berets |
Website | – |
TROMMELSTAMPFIGER PATRIOTISMUS
Staff Sergeant Barry Sadler genoss ein echtes Soldatenleben. Bereits mit 17 Jahren trat er der U.S. Air Force bei, später heuerte er bei den Special Forces der U.S. Army an und bestand deren äußerst knifflige Aufnahmetests. Im 2. Weltkrieg waren es OSS (Office of Strategic Services)-Veteranen, die als erstes ein grünes Barett trugen, Anfang der 60er Jahre erlaubte schließlich der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy die Kopfbedeckung als charakteristisches Kleidungsmerkmal der Soldaten. Green Berets – auch Sadler war mit diesem Kleidungsstück bestens vertraut, gehörte er doch der Special Forces mehrere Jahre lang an. Er diente in Süd-Vietnam, bis ihn eines Tages ein sogenannter „Punji stick“, eine Bambustrittfalle, für längere Zeit außer Gefecht setzen sollte. Sadler bekam eine schwere Infektion am Knie, musste stationär behandelt werden und sah schon dem Ende seiner weiteren Militärlaufbahn entgegen. Doch er wurde wieder vollständig gesund, worauf er nicht ins Kriegsgebiet in Pleiku in Zentralvietnam zurückkehrte, sondern geradewegs den Weg zu einem Mikrofon fand. „The Ballad of Green Berets“ entstand – und wurde nur kurz darauf zu einem wahrlich überraschenden Gassenhauer Mitte der 60er Jahre.
Ohne Zweifel, Patriotismus trieft aus jeder Pore dieses Marschstücks, das von Sadler als auch einem weiteren ehemaligen Special-Forces-Kämpfer, Robin Moore, geschrieben und produziert worden ist: „Put silver wings on my son’s chest, make him one of America’s best. He’ll be a man they’ll test one day, have him win the Green Beret.“ Das Lied nahm schnell unter den Kameraden die Runde, die Plattenfirma RCA Victor schlug kurzerhand zu – und im Februar raste das Lied in den amerikanischen Charts direkt auf die Spitzenposition. Sadler quittierte den Dienst und ging davon aus, ihn würde eine gigantische Musikerkarriere jenseits von Schützengräben, Napalmbomben und Artilleriegeschossen erwarten. Doch der Triumph blieb aus, die Nixon-Ära entließ ihn in die Erfolglosigkeit. Immerhin konnte er mit seinem Superhit beträchtliche 500.000 Dollar einnehmen.
Zeit seines Lebens blieb er mit dieser trommelstampfigen Propaganda-Nummer verbunden: Die „Green-Berets“-Ballade ging als eines der überflüssigsten Machwerke diffusen Nationalstolzes vor dem Hintergrund eines grauenvollen Krieges in die Geschichte der Musikgeschichte ein. Profitieren konnten später dennoch professionelle Gesangskollegen wie Freddy Quinn und Heidi Brühl, die mit ihren deutlich pazifistischer geprägten Versionen von „Hundert Mann und ein Befehl“ in den deutschen Hitparaden ihre Spuren hinterließen.
Aktuell: Barry Sadler verstarb 1989 an den Folgen eines bis heute unaufgeklärten Kopfschusses.
Urteil: Selbst wenn sich der Sergeant durchaus Verdienste um die Vermarktung seiner Militäreinheit erworben haben sollte, letztlich ist es ein fragwürdiger Chartsbeitrag aus den 60er Jahren, der auch musikalisch nur simpelste Mitmachakkorde aneinanderreiht.
Jan