Datum 1973
höchste Platzierung 2
Album Crazy Horses
Website http://osmond.com/

HARDROCKGEQUIETSCHE GEGEN AUTOABGASE

Es lohnt sich, diese Familie einmal genauer vorzustellen. Da wäre zunächst Alan, der Älteste von allen. Mormone, wie auch alle anderen. Er ist verheiratet: Mit Suzanne hat er sage und schreibe acht Kinder, alles Söhne. Wayne ist der zweitälteste der Band, Multiinstrumentalist. 1997 wurde bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert, danach stieg er aus der singenden Familienbande aus. Merrill spielte in jungen Jahren an der Seite des 12jährigen Kurt Russell in der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Serie „The Travels of Jaimie McPheeters“ mit. Dann hätten wir noch Jay, das Schlagzeuggenie. Auch er war in der Russell-Westernserie in mehreren Folgen zu sehen. Inzwischen zum zweiten Mal verheiratet. Jimmy ist der Geschäftsfuchs der Familie, übernahm den Merchandisingvertrieb, dazu trat er später als Musicaldarsteller und Ensemblemitglied der britischen „Dschungelshow“-Ausgabe in Erscheinung. Außerdem hätten wir noch Donny vorzustellen, Songschreiber und Gelegenheitsschauspieler sowie Marie: Sie gehörte zwar nicht offiziell zur Gruppe, machte aber stets durch Soloausflüge sowie Duette mit Bruder Donny auf sich aufmerksam.

Das sind sie: die Osmonds. Und das war sie, die familiärste Boygroup der Rockgeschichte, eine höchst erfolgreiche Mormonenbruderschaft, die mit der Osmondmania dem Beatleshype geradezu Konkurrenz machen konnte. Was Ende der 60er Jahre irgendwo zwischen Teenie- und Bubblegumpop angesiedelt war, entwickelte sich zwischendurch zu einer schrägen Punkrock-Stilistik, die diese Osmonds-Laufbahn auch im Nachhinein aus musikalischer Sicht etwas inkonsistent erscheinen lässt. Man möge nur beispielsweise die Tränendrüsenschwulst-Ballade „Love Me For A Reason“ (gecovert von Boyzone) im Vergleich zum schrägen Hardrock-Gequietsche von „Crazy Horses“ betrachten: Das eine säuselt Liebesbotschaften in typischer Boygrouprhetorik, das andere thematisiert auf bizarre Weise den vermehrten Ausstoß von Autoabgasen und die daraus resultierende Umweltverschmutzung. Siehe hier: „What a show, there they go smokin‘ up the sky, yeah. Crazy horses all got riders and they’re you and I.“ 

Die Wucht des Songs überzeugt sofort. Das ganze wirkt so aggressiv und schräg, dass sich anno 1973, als das Lied Platz 2 in den deutschen Charts erobert hatte, die Eltern der dazu headbangenden und pogenden Schlaghosenkids verschämt auf Durchzug schalteten. Dabei hatte schließlich mit Platz 1 das Bürgertum parallel zu „Crazy Horses“ seinen Sinn für kindsgerechten Humor an die Spitze gechartet: „Ich wünsch‘  mir ’ne kleine Miezekatze“ von Wums Gesang. Die „verrückten Pferde“ dagegen lieferten Hard Rock in Reinkultur – leider blieb das im Gesamtsegment ihres leicht psychedelisch, doch vielmehr rockballadesk wirkenden Musikrepertoires eher eine Einzelerscheinung.

Aktuell: The Osmonds sind noch immer unterwegs, wobei längst nicht mehr in voller Besetzung. So treten zudem noch einzelne Mitglieder des Familienclans als Solisten auf.

Urteil: Laut, brachial und ganz anders als gewohnt: The Osmonds wagen den Ausflug in härtere Gefilde und schaffen damit den kommerziellen Durchbruch. Gewöhnungsbedürftig, aber auf jeden Fall mitreißend.

Jan

The Osmonds – Crazy Horses
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