Datum 1997
höchste Platzierung 5
Album Aaron Carter
Website http://aaroncarter.org/

BUBBLEGUM-MUSIK FĂśR MĂ„DCHENTRĂ„UME

Seine Karriere lief auf Hochtouren: Gerade hatte die Band ihr zweites Album veröffentlicht, in Deutschland waren sämtliche Konzerthallen bis auf den letzten Platz ausverkauft, 12 Mal schafften sie die Titelstory in der Bravo allein im Jahr 1997 – und es wären garantiert mehr gewesen, hätten nicht Konkurrenzprodukte wie Caught In The Act, ´N Sync und Tic Tac Toe ebenfalls hin und wieder ein paar spannende „Lovestories“ zu berichten. Nick Carter, zarte 17 Jahre alt, wasserstoffblonde Haare mit Mittelscheitel, schwebte mit seinen Backstreet Boys zweifellos auf der Welle des Erfolges. Sein jĂĽngerer Bruder Aaron, gleichfalls blond, Mittelscheitel und extrem zarte 9 Jahre alt, witterte inzwischen seine Chance: Statt wie in der Bravo-Ausgabe Nr. 36 mit langweiligen Homestory-Interviews („So ist Nick wirklich!“) den Kult um das gefeierte Familienmitglied weiter zu befeuern, stĂĽrzte er sich kurzerhand in die Planungen zur Vorbereitung seiner eigenen Karriere. Dazu ging er auf Nummer Sicher, lieĂź sich zunächst im boygroup-wĂĽtigen Europa mit Schwerpunkt Deutschland vermarkten und war schlieĂźlich direkt mit seiner Auftaktsingle „Crush On You“ dick im Geschäft. Nick war mit seinen Jungs auf Tour, aber Aaron plötzlich als Solist in den Charts – ein Mega-Plattendeal, Platin-Auszeichnungen (im Guiness-Buch der Rekorde als jĂĽngster Sänger aller Zeiten verzeichnet) und Millionen-Einnahmen, die von den Carter-Eltern fahrlässig missgewirtschaftet werden sollten, all das kam nun auf ihn zu.

„Crush On You“ – das betrifft auch die meisten anderen Songs seines DebĂĽtalbums „Aaron Carter“ – war nun wahrlich alles andere als das vielversprechende Zeugnis eines potentiellen Michael Jackson-Nachfolgers, als welchen die damalige Presse Aaron zeitweise auserkoren hatte. Der fiepsige Gesang war dem naturgegebenen Entwicklungsstand des Jungen geschuldet, die mäßigen Produktionen den durchkalkulierten und marktorientierten Interessen der Producer Veit Renn und Gary Carolla. Einem 9jährigen die aufgeblasenen SehnsĂĽchte eines Teenies im Highschool-Alter auf den schmalen Leib zu schreiben, hätte manchen Eltern auĂźerdem durchaus die Zornesröte ins Gesicht treiben können: „How did you know, cause I never told. You found out I´ve got a crush on you. No more charades. My heart´s been displayed. You found out I´ve got a crush on you.“ Allemal genug fĂĽr die weiblichen Scharen identitätssuchender Abonnenten der Zeitschriften Bravo und Popcorn, die sich in den sĂĽĂźen Boy aus Florida „gecrusht“ („verknallt“) hatten.

Was später folgte, war wohl fast abzusehen: Steuerschulden, Alkoholismus, Drogensucht, Pleite. Ende der Musikkarriere. Hätte er wohl besser auf seinen Bruder gehört: Nick trifft im Musikvideo zu „Crush On You“ in der Anfangsszene auf Aaaron, der betrĂĽbt auf einer Parkbank sitzend angesichts der football-spielenden „Muskelmänner“ um ihn herum kaum Chancen beim „Girl“ seiner Wahl sieht. „Forget about all the other guys“, gibt Nick den weisen Ratgeber und fĂĽgt hinzu: „What you need is to be yourself.“ Nick ist ĂĽbrigens heute noch auf Tour mit den Backstreet Boys…

Aktuell: 2017 machte Carter – nach einer Vielzahl von Eskapaden – mal wieder musikalisch auf sich aufmerksam: mit dem Album „Love“ und der Single-Auskopplung „Fool’s Gold“.

Urteil: Weitestgehend schmerzfreies und zugleich dröges Bubblegum-Stückchen, dem zudem die magere Produktionsqualität anzuhören ist.

Jan

Aaron Carter – Crush On You

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