Datum 1983
höchste Platzierung 4
Album Gazebo
Website http://gazebo.info/Gazebo.html

DER LANGSAM VERBLASSENDE ITALOPOPSTAR

Gazebos Karriere begann kometenhaft, aber dann verschwand er ähnlich schnell vom Chartsfirmament wie eine Sternschnuppe.

Hinter „Gazebo“ steckt der italienische Diplomatensohn Paul Mazzolini. Er schreibt Text zu den Kompositionen seines Studienfreundes Pierluigi Giombini. Kaum ist der Uniabschluss in der Tasche, landet das Team Frühherbst 1983 zwei europaweite Hits gleichzeitig: „Dolce vita“ gesungen von Ryan Paris und „I Like Chopin“, das Mazzolini als Gazebo selbst interpretiert. Was wie der erfolgreiche Start einer Hitfabrik aussieht, verläuft dann doch recht schnell wieder im Sande. Immerhin gelingt dem stets im feinen Zwirn auftretenden Gazebo noch ein Top-10-Hit im von ihm bekannten Synthie-Pop-Gewand: „Lunatic“ („Wahnsinniger“).

Der süße Italopop-Sound mit dem langen Intro überdeckt den gruseligen Text, der fast als Thriller durchgeht: Da ist die Rede von Masken im Mondlicht, Schatten, schnellen und nervösen Schritten, da ist jemand krank vor Sexsucht und es reimt sich „you look like Nostradamus“ auf „although you’re not as famous“. Sieht man den Videoclip dazu, wirkt das Ganze eher harmlos. Es ist wohl einfach ein Aneinanderreihen von Motiven aus Gruselfilmklassikern, wie zum Beispiel „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ oder „Das Phantom der Oper“, schließlich ist ja auch der Künstlername „Gazebo“ eine Hommage an einen Film („The Gazebo / Die Nervensäge“ 1959). Wer genau hinguckt, sieht in der Handlung gegen Ende des „Lunatic“-Clips sogar Parallelen zum nahezu gleichzeitig erschienenen Video-Meilenstein „Thriller“ von Michael Jackson. Allerdings war Gazbeos Buget für Tricktechnik sichtbar kleiner…

Nach 1983 scheint Gazebos musikalisches Pulver schon verschossen. Die Single „Telephone Mama“ erreicht nur noch in Italien die Top 10. Für den Karriereknick ist sicher auch das italienische Militär verantwortlich: 1985 muss Paul Mazzolini seinen Wehrdienst ableisten. „Gazebo“ liegt für eine Weile auf Eis und verpasst so den kommerziellen Höhepunkt der Italo-Disco-Welle. In der Folgezeit scheitern alle Versuche, den Charthits noch einmal etwas Ebenbürtiges nachzulegen.

Aktuell: Gazebo freut sich, wenn er für 80er-Jahre-Revival-Partys gebucht wird, und wenn jemand auf seiner Website seine neuen musikalischen Werke kaufen mag.

Urteil: Nettes Liedchen. Im Vergleich zu „I Like Chopin“ ist es ein bisschen so, als ob einer den gleichen Teebeutel einfach ein zweites Mal aufgegossen hat: Es schmeckt schon noch, aber die Brühe ist deutlich dünner.

Björn Strößner

Gazebo – Lunatic
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