Datum | 1974 |
höchste Platzierung | 5 |
Album | Kung Fu Fighter |
Website | http://www.carl-douglas.com/ |
DIE FORTSETZUNG DES KAMPFSPORT-BOOMS
Die Kung Fu-Welle hatte Deutschland fest im Griff: Zunächst kämpfte sich der Shaolin-Mönch Kwai Chang Caine alias David Carradine durch 62 Episoden seiner überaus erfolgreichen „Kung-Fu“-Serie, dann nahm der Kult um den 1973 verstorbenen Bruce Lee, zweifellos die Ikone der Kampfsportbewegung, sowie seiner Nachfolger im Kino merklich zu, schließlich landete ein Disco-Interpret namens Carl Douglas mit seinem „Kung Fu Fighting“ an der Spitze zahlreicher Hitparaden. Das Interesse an chinesischen Kampfsportstilen erreichte einen regelrechten Boom, selbst die ehrwürdige ZEIT griff in einem Artikel dieses neue Phänomen auf.
Nach dem riesigen Erstlingserfolg war für Carl Douglas nun die Notwendigkeit eines würdigen Nachfolgetitels gegeben. Viel Raum für Innovatives bot sich nun allerdings nicht mehr an: Seine Auftritte in bunten Shaolin-Gewändern und roten Stirntüchern hatten Douglas das Image des singenden Kampfsport-Jamaicaners regelrecht angeklebt, für eine lang anhaltende Musikkarriere konnte dies nicht wirklich förderlich sein. „Dance The Kung Fu“ präsentierte sich als etwas verlangsamte und funkigere Variante seines Vorgängers, mit typischen Disco-Keyboards, dezenten Streichern und bescheidenem Inhalt: „You swing to your left, then you swing to your right. This new dance people is pure dynamite. Ev’ry step is poetry in motion, let the rythm take your devotion.“ So lässt sich ein Begriff wie Kung Fu, der im ursprünglichen Sinne vor allem das Aneignen besonderer Fertigkeiten durch Mühsal und Disziplin bedeutet, zu einem Synonym für ein paar rhythmische Bewegungen in fernöstlicher Kleidung verwässern. Die europäische Popmaschinerie, die sich in den 70ern in Gang setzte, nahm eben auf keine kulturellen Traditionen und Errungenschaften in irgendeiner Weise Rücksicht.
Carl Douglas schaffte mit „Dance The Kung Fu“ nur noch in Deutschland den erneuten Einstieg in die Top 10, mit der dritten Veröffentlichung „Run Back“ war die etwa dreijährige Laufbahn des Sängers weitestgehend abgeschlossen. Sein Premieren-Album „Kung Fu Fighter“ verschwand in den Plattenläden irgendwo hinter dem Schildchen mit dem Buchstaben „D“ unter „Sonstiges“. Lediglich die zahllosen Remixes und technoiden Überarbeitungen von „Kung Fu Fighting“ hinterließen im neuen Jahrtausend kaum sichtbare Spuren.
Aktuell (2019): Carl Douglas ist inzwischen über 70 Jahre alt und tritt wohl noch immer auf, wenn Oldie-Radiostationen und „Ultimative Chartshows“ dies verlangen. Seine Webseite vereinsamt jedoch schon seit 2005.
Urteil: Eine eher durchschnittliche Kopie seines großen Hits „Kung Fu Fighting“, dem vor allem die Originalität und die Karaoke-Steilvorlage abgeht. Andererseits jedoch immer noch eine probate Mischung aus Funk und Disco.
Jan