Datum | 1966 |
höchste Platzierung | 9 |
Album | Bus Stop |
Website | http://www.hollies.co.uk/index.html |
DAS RESULTAT EINER HEIMFAHRT
Kein unerträgliches Kreischen während des Auftritts? Gesittete Paartänze mit einem höflichen Applaus zum Abschluss? Das können nicht die Beatles gewesen sein, die sich 1967 auf einer britischen Bühne präsentiert haben, dazu fehlte schlichtweg die Hysterie. Die Hollies glänzten nun mal auch nicht gerade durch Charisma und spektakuläre Bühneneinlagen. Dabei brachte Manchester später immerhin auch Popmeilensteine wie Oasis, Simply Red und die Stone Roses hervor. Aber es schien, als orientierten sich die Jungs um Sänger Allan Clarke eher an das gesetztere Publikum, dem bunte Schlaghosen und duchsichtige Blusen doch ein wenig unangenehm war.
Dafür hatte aber ihre Karriere durchaus lange Bestand, fast zehn Jahre lang gelang ihnen Hit um Hit. Während Lieder wie „Jennifer Eccles“ sich ob ihrer Oberflächlichkeit auf solidem Ramschniveau angesiedelt haben, lassen Songs wie „He Ain´t Heavy, He´s My Brother“ oder „The Air That I Breathe“ durchaus aufhorchen. Überhaupt kam seit 1969 bis zu den ständigen Umbesetzungen in den 80er Jahren deutlich ansprechenderes Material von den Briten. Zu den paar Ausnahmen in der Zeit davor gehört auch „Bus Stop“. Geschrieben wurde er von Graham Gouldman, der u.a. auch für Songs von Herman´s Hermits und die Yardbirds mitverantwortlich war und später mit 10cc in den Vordergrund trat. Die Idee zu „Bus Stop“ hatte Gouldman, als er eines Tages mit dem öffentlichen Nahverkehr von der Arbeit nach Hause fuhr, die ersten Zeilen übernahm Grahams Vater, Hyme Gouldman. Im Text geht es, wen wundert´s, um eine Bushaltestelle, an dem es eines regnerischen Tages zu einer schicksalhaften Begegnung kommt: „Bus stop, wet day, she’s there, I say ‚Please share my umbrella‘, bus stop, bus goes, she stays, love grows under my umbrella.“ Und wie so offenbar nicht nur die Liebe unter seinem Regenschirm zu wachsen beginnt, wird dies der Auftakt zu einem furiosen Sommer in holder Zweisamkeit: „All that summer we enjoyed it wind and rain and shine, that umbrella we employed it by August she was mine.“ Schließlich lässt sich – von Gouldman treffend formuliert – nüchtern feststellen: „Nice to think that that umbrella led me to a vow.“
Obwohl sich „Bus Stop“ als ein klassisches Liebeslied kleidet, vermeidet es jegliches Schnulzenhafte und Betuliche und zeigt die Hollies in ihrem Element, als ehrgeizige Repräsentanten der Beat-Ära mit großer Gewichtung auf kurze, durchharmonisierte Pop-/Rock-Nummern. Hier hatte Gouldman zweifellos eine gute Eingebung – als er eines Tages im Bus sitzend verträumt aus dem Fenster schaute…
Aktuell: Die Hollies sind und bleiben auch weiterhin auf Tour. Über 40 Jahre muss eine solche Beatles-Gedächtnis-Band erstmal am Leben gehalten werden!
Urteil: „Bus Stop“ bietet ein- bis dreistimmigen Gesang, eine runde Melodie und ein sympathisches Thema.
Jan
Ich denke nicht, dass die Beatles mehr Charisma aufwiesen als die Hollies. Aber damals funktionierte schon der „organisierte Fanatismus“,
angetrieben von den einschlägigen Medien, um diese sonderbaren Exzesse darzubieten. Die Hollies hatten eine große Fangemeinde, die kaum hysterische Auswüchse produzierten. Zum Schluss genügte eine Miss Ono, um das Beatlesfeuer für immer zu löschen. Die Hollies hingegen blieben ihren Fans treu.
Hallo Jürgen, vielleicht hast du recht. Möglicherweise spielte die öffentliche Wahrnehmung – u.a. durch die Medien – eine große Rolle bei der „Charismatisierung“. Tatsächlich liegen mir die Songs der Hollies heute zum Teil näher als jene der Beatles. Geschmackssache halt;-)
Hallo Jan,
vielen Dank für Deine Antwort. Mir geht es auch so. Natürlich mag ich die Beatles
und George Harrison war mein Idol. Aber die Hollies vermitteln mir bis heute die schönste Musikzeit und berühren meine Seele immer noch.
Lg. Jürgen