Datum | 1971 |
höchste Platzierung | 2 |
Album | Acceleration |
Website | http://www.middleoftheroad-popgroup.com/ |
CALYPSOGELEIER MIT WELLENSITTICHSTIMME
Middle Of The Road eine VorlĂ€uferband von ABBA? Das schwedische Quartett wĂŒrde wohl bei einem solchen Vergleich kollektiv die Miene verziehen, dennoch wurden beide Bands retrospektiv hĂ€ufig in einem Atemzug genannt. Und das liegt sicher nicht nur an der erstaunlichen optischen Ăhnlichkeit der beiden Langhaarblondinen Agnetha FĂ€ltskog (ABBA) und Sally Carr (MOTR). Auch die Musik lieĂ an einigen Stellen gewisse symphonische Ăquivalenzen erahnen, Hits wie „Soley Soley“ verstĂ€rkten in dieser Hinsicht sogar diesen Eindruck. Aber letztlich konnte die schottische Gruppe nicht annĂ€hernd an das Niveau der Kompositionen von Ulvaeus und Andersson heranreichen. Und das lag wiederum auch an Hits wie „Soley Soley“.
Das Projekt Middle Of The Road funktionierte auf alle FĂ€lle seit 1971 blendend, speziell in Deutschland und Skandinavien konnte man dem Gute-Laune-Sound von Carr, Andrew, McCredie, Carooll und Felberg besonders viel abgewinnen. Das DebĂŒtalbum mit der Evergreen-Nummer „Chirpy Chirpy Cheep Cheep“ verkaufte sich zumindest in Norwegen (Platz 3) ganz prĂ€chtig, das zweite Album „Acceleration“ sollte die Gruppe endgĂŒltig auf dem Popmarkt etablieren, entsprechend schnell wurde es produziert und veröffentlicht.
„Oh, Soley, Soley, Soley, Soley, Soley, Soley. Oh, Soley, Soley, Soley, Ley, Soley, Soley, Soley, Ley, Soley, Soley.“ Diese wahrlich hinsichtlich ihrer kreativen Ausgestaltung recht ernĂŒchternden Refrainzeilen sprechen wohl fĂŒr sich: Aussage? Null komma nix. Stimmung? Super. Entspanntes Strandpanorama, Carr hat es sich auf einer Strandliege bequem gemacht und sĂ€uselt mit ihrer gewohnten Wellensittichstimme die kargen Lyrics weg, wĂ€hrend die bĂ€rtigen Bandrekruten ihre Gitarren und Schlagzeuge maltrĂ€tieren und dabei wirken, als hĂ€tten sie im Vorfeld in irgendwelchen Hippiebauwagen ein paar krĂ€ftige Joints gezogen. Auch die gefĂŒhlig vorgetragenen Strophen retten nicht ĂŒber ein insgesamt einfĂ€ltiges Arrangement hinweg, das allenfalls auf penetranten Mitklatsch-Frohsinn setzt und ansonsten irgendwo zwischen Gospel- und Calypsogeleier hin- und herpendelt.
Und was ABBA nun damit zu tun hat? Jene Nuancen, die das Repertoire von ABBA zu groĂem und stets schwierig nachzumusizierenden Popwerken erhoben, fehlen hier völlig – selbst wenn die Grundstilistik an die Schweden erinnert, Middle Of The Road fabrizierten zum GroĂteil Retortenmusik. Und was meinte Carr dazu? „The vocal harmonies from ABBA and ourselves are very similar, and Agnetha and myself had long blonde hair, so I guess people will compare us.“ (Quelle: www.retrosellers.com)
Aber auch nur in dieser Hinsicht…
Aktuell: Ian C. McCredie, Stuart McCredie und Lorna Bannon, die 2001 Carr ersetzte, bilden heute noch das GrundgerĂŒst von Middle Of The Road. Auf Oldiefestivals dĂŒrften sie hin und wieder anzutreffen sein.
Urteil: Ein allzu vorhersehbares und tiefgangsbefreites SchunkelstĂŒckchen, das sich sehr schnell abnutzt und lediglich durch den charakteristischen Leadgesang ein bisschen „Kultur“ verteidigt.
Jan