Datum | 2012 |
höchste Platzierung | 4 |
Album | Born To Die |
Website | http://www.lanadelrey.com/ |
GROSS INSZENIERTE SCHWERMUT
Kaum eine Künstlerin hatte 2011 die Musikpresse stärker in Aufruhr versetzt als Lana del Rey: Ihr erster Erfolg „Video Games“ versprach offensichtlich derart Gewaltiges, dass sich die Kritiker schließlich – wie bei Spiegel Online u.a. ganz treffend analysiert – über die eher überraschungsarmen und nur mäßig pulsierenden Songs ihres Albums „Born To Die“ genüsslich das Maul zerreißen konnten. Nicht nur das: Sie war noch gar nicht richtig auf der Bildfläche des Popzirkus erschienen, da sollte sie bereits die ultimative Retro-Diva mit Schmolllippen und Twiggi-Look mimen und auf direktem Wege an Duffy und Adele vorbei zum Weltstar aufsteigen. Das war, wie man am erbarmungswürdigen Auftritt in der „Saturday Night Show“ erkennen konnte, wohl alles noch ein wenig zuviel für die junge Lady.
„Summertime Sadness“ war die insgesamt vierte Auskopplung aus dem „Born To Die“-Album, und es schien wohl vor allem den vermehrten Radioeinsätzen hierzulande geschuldet zu sein, dass sich Universal dazu entschieden hatte, den Song lediglich in den deutschsprachigen Ländern herauszubringen, während die USA und Großbritannien mit der deutlich schrägeren Independent-Nummer „National Anthem“ beliefert wurden. Dieser Titel scheiterte in kommerzieller Hinsicht, die Deutschen jedoch schlossen dafür das äußerst einprägsame „Summertime Sadness“ wohlwollend in ihre Arme.
„Kiss me hard before you go, summertime sadness, I just wanted you to know, that baby you’re the best“, mit solch einem eher verkorkstem Text wird der Liebschaft heldenmäßig nachgetrauert, ansonsten wälzt sich das Popwerk in einer hallverstärkten Streichersuppe mit periodischen Rhythmuswechseln, durchtränkt von einer inszenierten Schwermut, die den Hörer gleich mehrmals zur Rotweinflasche greifen lassen muss. Das Musikvideo spielt geradewegs mit der subversiven Super 8-Bildästhetik eines David Lynch und scheut sich auch nicht vor suizidalen Andeutungen, wenn die traurige Liebesgeschichte zweier lesbischen Frauen à la „Thelma und Louise“ erzählt wird. Dazu sind all diese Motive perfekt zugeschnitten auf die einlullende Trauermimik der Sängerin, deren Gesicht zuweilen Anlass zum Gedanken geben könnte, hier wäre die junge Hildegard Knef nochmal auferstanden. Und auf einer simplen Melodielinie weint Lana fortwährend die Zeilen: „I’ve got that summertime, summertime sadness. Got that summertime, summertime sadness, got that summertime, summertime sadness…“
Laut.de hat im Zuge der Veröffentlichung der Single vermutet: „Eventuell suggeriert das Video mit den ikonografischen Selbstmorden diesmal aber eine Tiefe, die der Song gar nicht besitzt.“ Sollte sich jedoch die Tiefe in diesem Fall daran festmachen lassen, wie stark der Hörer dieses Lana del Rey-Liedes von dessen atmosphärischer Gewalt ergriffen wird, könnte man ihm dies kaum zum Vorwurf machen – besonders nach einigen Rotwein-Gläsern…
Aktuell (2019): Im Mai 2019 kam ihre neue Single „Doin‘ Time“ heraus, ihr letztes Album „Lust For life“ datiert aus 2017.
Urteil: Wohlgefällige, eingängige wie sehr melancholisch geratene Trip Hop-Nummer, die große Ergriffenheit verkauft.
Jan
Bildquelle: Universal Music
Top Artikel! Sorry für die vielen Kommentare in den letzten Tagen, aber ich liebe eure Seite!!
Tolles Kompliment, vielen Dank! Im Gegenteil, wir freuen uns über jeden Kommentar von dir, also gerne weitermachen!:-)
Hier schreibt natürlich ein fanOPA, aber wer die Qualität des Songs bzw.des gesamten Album nicht erkennt, hat für mich keine Ahnung von music. Gerade für mich, der seit fast einem halben Jahrhundert die 12 halbtöne rauf und runter gehört hat, brachte dieses Album frischen wind. In einem gebe ich euch recht diesen genialen Schachzug zu wiederholen, scheint nahezu unmöglich.
Naja, eigentlich kam der Song bei uns ja insgesamt ganz gut weg. Und Lana wird garantiert noch viel im Musikbusiness bewegen… 🙂
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