Datum | 1978 |
höchste Platzierung | 10 |
Album | El Pasador |
Website | – |
BRUMMIGES TANZTHEATER FĂR DEN ZIRKUS
Wer aufgenommen werden will, muss zunĂ€chst eine gefĂ€hrliche Mutprobe bestehen. Und wer der Gruppe schlieĂlich beitritt, gehört dazu, zu einer Bande von Kindern, die Gemeinschaft, Freundschaft, SolidaritĂ€t nicht nur theoretisch diskutieren, sondern alltĂ€glich praktizieren. Der Film „Die Vorstadtkrokodile“ aus dem Jahr 1977 vom inzwischen verstorbenen Regisseur Wolfgang Becker („Derrick“, „Der Kommissar“, „Tatort“) war ein ziemlich ungewöhnlicher Kinderfilm. Keine harmlose Paukerkomödie, keine alberne Verwechslungsschmonzette, keine dröge Disney-Verfilmung, sondern ein intelligent produziertes SozialstĂŒck fĂŒr die jĂŒngste Zielgruppe. Behinderungen, Integration, weibliche IdentitĂ€t, all diese Themen werden charmant aufgenommen und völlig unpathetisch erzĂ€hlt. Becker war es auch, der sich als Soundtrack den Song „Amada Mia, Amore Mio“ von El Pasador aussuchte. Was fĂŒr ein seltsamer Zusammenhang.
Punkt 1: Der Song hat keinen Refrain. Punkt 2: Der Song hat abgesehen vom Vocal-Part „Amada Mia, Amore Mio“ keinen Text. Punkt 3: Keiner kennt heute noch die Band. Ganz schön wenig, mal so allgemein. Und dennoch dĂŒrfte es niemanden auf diesem Kontinenten geben, der diese spartanisch zusammengenagelte Italodisco-Nummer nicht nach einigen Barcadi Rum punktgenau begleiten könnte. Verantwortlich fĂŒr den flotten Blödelsong ist ein Typ, dem sein gekĂŒnsteltes Blödelimage direkt auch Ă€uĂerlich anzusehen war. Paolo Zavallone, Produzent und SĂ€nger aus Italien, zeigte sich auf dem Single-Cover mit Trucker-Schnurrbart und einem beĂ€ngstigenden Wahnsinnsblick, dazu dominiert sein dröhnend bassiger Gesang zwischen den quiekenden GesangshĂŒhnern im Hintergrund. Ganz neu im GeschĂ€ft war Zavallone 1977 aber auch nicht mehr: Bereits 1959 debĂŒtierte er als SĂ€nger, spĂ€ter schrieb er u.a. Songs fĂŒr Adriano Celentano. In der zweiten HĂ€lfte der 70er Jahre war er auch hĂ€ufig im italienischen Fernsehen anzutreffen, als Moderator und Schauspieler.
Als El Pasador trat er seit 1975 auf, vier Alben spĂ€ter und eben diesen einen Riesen-Hit namens „Amada Mia, Amore Mio“ (ĂŒbersetzt so etwas wie „meine Geliebte“ auf spanisch und italienisch) spĂ€ter war wieder Schluss. In Deutschland schaffte das ZirkusgetrĂ€ller 1978 einen 10. Platz – eben dank des Einsatzes im Film „Die Vorstadtkrokodile“. Ihr „Comeback“ folgte 2010 mit einer Neuverfilmung – fĂŒr El Pasador war jedoch hier kein Platz mehr…
Aktuell: El Pasador (tatsĂ€chlich: „die Haarspange“!) ist schon lange Geschichte. Die Italo-Disco-Welle glĂŒcklicherweise auch.
Urteil: Klobig-billiges Tanztheater mit Western-Anleihen, allenfalls dank des brummigen Thema-Einsatzes noch brauchbar.
Jan
Junge du hast einfach keinen Plan. Das Lied ist der Wahnsinn!!!!!
Ja, genau! Das ist Ur-Techno!
Schwachfug, es gab eine Menge wirklich guter StĂŒcke wĂ€hrend der Italo-Disco-Welle!
Da hat er Recht. Man kann sagen was man will, aber Italo Disco find ich persönlich noch heute geil.
Vielleicht auch deshslb, weil ich im Haus einer sizilianischen Familie lebe und deren LebensgefĂŒhl inzwischen verinnerlicht habe.
Mit der Musik ist es wie mit der Mode, alles kommt irgendwann wieder.
Egal ob Vokuhila oder Schlaghosen, ich hab meine Jugendzeit in guter Erinnerung. Und die „Vorstadtkrokodile“ waren fĂŒr die Zeit, in der sie gesendet wurde, absolut super. Sogar meine Enkelinnen haben sich den Film noch angeschaut und waren begeistert.
Feuerreiter war auch eine Serie aus dieser Zeit, die gut gemacht war.
Nicht alles aus dieser Zeit war Kitsch. Und obwohl der Song weder Text noch Refrain hat, kriegt man ihn doch nicht mehr aus dem Ohr.
So Àhnlich ist es auch mit dem ebenso einfachen wie Inhaltslosen Song Autobahn, von der Band Kraftwerk, der ebenfalls noch heute bekannt ist..