Datum | 2008 |
höchste Platzierung | 10 |
Album | Hotel Engel |
Website | http://dj-oetzi.at |
SOLIDES SCHLAGERHANDWERK AUS PETRY-MIXTUR
Toll. Das frustriert doch auf die Dauer. Man schuftet und schuftet, textet mal für den einen oder anderen, die Lorbeeren kassieren jedoch mal wieder die anderen. Gemein. Oliver Lukas kann sicher ein Lied davon singen. Oder besser: schreiben. Oliver Lukas ist Vocal Coach, Songtexter und Schlagersänger. Sein Hauptarbeitsplatz: Köln-Ossendorf, auf dem Gelände des MMC-Medienzentrums. Hier arbeitet der Norddeutsche als Gesangstrainer für die RTL-Talenthalde „Deutschland sucht den Superstar“ und berät die Kandidaten bei der Musikauswahl. Und wenn zwischen den Staffeln ein bisschen Zeit übrigbleibt und das Girokonto sich mal wieder in Richtung Dispo bewegt, textet er ein paar Songs für nationale Sternchen wie Andrea Berg oder Matthias Reim. Mit ihren Alben landen die Künstler dann auf Platz 1 der Albumcharts, sie lassen sich auf ihren Touren mächtig feiern – und der Oliver? An ihn denkt mal wieder keiner. Obwohl, einige schon: Knapp 500 Facebook-Fans wissen um seine Verdienste.
Aber irgendwann ist gut, schließlich ist er auch Schlagersänger und mit „Reifezeugnis“ (2004) hat er ja bereits ein von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerktes Album auf den Markt geworfen. Titel: „Für dich“. Hier werden Gassenhauer geboten wie „Mit dir die Sterne sehen“, „Blondes Haar und weiße Haut“ und „Das verflixte siebte Jahr“. Titel Nr. 10 heißt „Noch in hunderttausend Jahren“, produziert vom Altmeister persönlich, Dieter Bohlen. Mehr als die Hälfte der Platte hatte der DSDS-Juror für Oliver zusammengebastelt. Endlich ein Hit, freut sich also der Oliver, und los geht´s auf die Bühnen Deutschlands.
Ein paar Auftritte hier und da, aber für eine Auflösung des Arbeitsvertrages mit DSDS reicht es dennoch nicht. Dafür dauert es nicht lange, und ein österreichischer Trampel, dem gerade mit „Ein Stern (der deinen Namen trägt)“ der größte Hit des Jahrtausends gelungen ist, schwatzt dem Oliver und dessen Plattenfirma die Rechte an einer Neuaufnahme des Songs ab und rauscht damit geradewegs in die deutschen Top 10. „Noch in 100.000 Jahren wirst du meine Liebe spür’n, denn in 100.000 Jahren wird die Sehnsucht nicht vergeh’n“: Mit diesen Zeilen und seinem typisch monoton rauchigen Stimmorgan markiert Gerry Friedle unverkennbar sein Revier der Cover-Versionen (die Nähe zu Wolfgang Petrys „So ein Schwein“ ist zudem unüberhörbar), lässt simple Dancefloor-Beats arbeiten und präsentiert solides Schlagerhandwerk für Canasta-Vereine und Töpferkursbesucher von Travemünde bis Klagenfurt am Wörthersee.
Und der Oliver? Wartet weiter auf seinen eigenen Durchbruch und tingelt mit seinem Liedgut über die Dörfer. Vielleicht sollte er es mit eingängigen Bohlen-Erzeugnissen eher lassen: Wie schnell hat der DJ Ötzi die GEMA-Einnahmen mal wieder unter den Nagel gerissen…
Aktuell: Zum 20-jährigen Dienstjubiläum gibt es die fantastische DJ Ötzi Jubiläumsfanbox. Was da wohl alles drin ist…
Urteil: Mit Schlagern kennt sich Dieter Bohlen tatsächlich aus – das muss man ihm lassen. Gecovert oder nicht, der Song macht Stimmung und ist von präziser Eingängigkeit. Mitsinggarantie, wenngleich nicht ganz so erschlagend wie „Ein Stern“.
Jan