KRACHLEDERNDE EURODANCE-MARINADE
Antoine Konrad ist schon ein Fuchs: Sobald er sich als die schmierige Verkörperung des luxusverwöhnten Plattenauflegers aus der Schweiz ertappt fĂŒhlt, rudert er in kĂŒrzester Zeit zurĂŒck und simuliert Bescheidenheit, die seine ganze MaterialitĂ€tsekstase entkrĂ€ften soll. Ein Beispiel zeigt das Interview mit der MĂŒnchener „Abendzeitung“ vom 23. Juni 2014. Nach seinem Fuhrpark gefragt, erlĂ€utert DJ Antoine, und man liest das Leuchten in seinen Augen heraus: „Ich habe einen Cadillac CTS-V CoupĂ© (…). Der hat einen Corvette-Motor, ist ziemlich schnell. Dann habe ich zwei Cadillac Escalades – einmal als Hybrid und einmal als Pick-up. Und dann besitze ich noch einen Rolls Royce Phantom Drophead, das ist das Cabriolet.“ Doch schon in der nĂ€chsten Antwort weiĂ der Schweizer ZurĂŒckhaltung und Demut zu zeigen: „Bedienstete, die mir das Essen bringen oder die TĂŒr aufmachen, habe ich ĂŒbrigens keine. Ich koche mir am Abend meine Pasta selbst. Ich leiste mir lediglich eine Putzfrau.“
Datum | 2011 |
Platzierung | 3 |
Album | Welcome To St. Antoine |
Website | http://www.djantoine.com/ |
Aber auch sonst ist der House-DJ ein echter Pfundskerl. Und vor allem jemand, der echt Ahnung hat. Der weiĂ, dass primitive Geschlechterklischees nix fĂŒr Partymuffels sind: „Wenn du eine gute Party willst, brauchst du als erstes viele schöne Frauen, das zweite ist: viele schöne Frauen und als drittes musst du die Punkte eins und zwei beachten. Weil, wenn du viele schöne Frauen hast, sind die MĂ€nner gut drauf und somit wird die Party gut.“
Sollte man sich unter einem solchen Leben nichts vorstellen können, reicht ein Blick in das Musikvideo zu „Welcome To St. Tropez“: Luxuskarossen, braungebrannte TattooschrĂ€nke, tanzwĂŒtige Bikinilolitas, viele Bombastjachten und immer wiederholt dazwischen geschnitten Auftritte der beiden Rampenclowns Timati und DJ Antoine – das spiegelt etwa den Wahrnehmungshorizont eines sangriaumnachteten Profi-Jetsetters wieder, dem hin und wieder sogar die MĂŒhsal einer solchen DJ-Laufbahn bewusst wird. Weil, „da merkst du dann irgendwann an der Kondition, dass du echt am Limit bist.“
„Welcome To St. Tropez“ aus der Rhythmusfabrik Kontor Recors ist weder House noch Pop, sondern eine zugespitzte Bastardisierung von Eurodance, mit typischem Wechsel von Rap und Gesangseinlagen, krachledernd eingĂ€ngig – das Partysausenthermostat droht zu explodieren. Kurz: Der Track hat seine Mission erfĂŒllt.
Wie auch alle anderen gefĂŒhlt 257 Songs seines neunten (!) Studioalbums „Welcome To DJ Antoine“, das ungefĂ€hr soviel Tiefgang aufweist wie die pubertĂ€tskonformen Kommentare des spĂ€teren Jurymitglieds bei DSDS. Wobei, Halt: Es gibt auch Ausnahmen. Auf CD 2, Lied 19, ĂŒberrascht der Beatsniper doch glatt mit einer Nachdenklichkeitsnummer mit dem Titel „GĂ€gewart“, in dem er die Sinnsuche im Leben berappt. Bemerkenswert. Er kann also auch reflektiert und genĂŒgsam. Beweis? Nochmal die „Abendzeitung“, Antwort 2: „Ich bin aber nicht der Typ, der seinen Rolls Royce nur am Sonntag fĂ€hrt, oder den Cadillac nur am Dienstag fĂŒr einen Banktermin.“
HÀtte ja sein können.
Aktuell: Seinen Job bei DSDS ist DJ Antoine schon lange wieder los, aber neue Singles und Alben werden laufend auf den Markt geworfen und begeisternd gekauft. 2018 gab es das Album „The Time Is Now“.
Urteil: SouverĂ€n produzierte „House“-Nummer mit markiger Hook und positiver Grundstimmung. Sinnfreie Discomarinade halt. Keine Frage: Der Schweizer versteht sein Werk.
Jan
»Der weiĂ, dass primitive Geschlechterklischees…« Könnte mich kaputt lachen.