GLATTPRODUZIERTE DISKO-QUEEN
„I Feel For You“ wurde zwar 1984 veröffentlicht, aber entstanden ist der Song bereits einige Zeit zuvor: Anno 1979 wurde das Lied von Prince geschrieben, geplant war es für sein zweites Album „Prince“, aber erst fünf Jahre später fand die aufgenommene Demo wieder Verwendung. Dabei nahm Chaka Khan einige Änderungen an dem Song vor: Das frühere Grandmaster Fresh-Mitglied Melle Mel steuerte ein paar Rapparts bei, Stevie Wonder spielte auf der Mundharmonika und fertig war die groovige Funkdröhnung, die nun in sämtlichen Hitparaden die obersten Regionen erreichte: Platz 1 in Großbritannien, Platz 3 in den USA und Platz 4 in Deutschland.
Anders als ihre Souldiva-Konkurrentinnen Anita Baker, Whitney Houston sowie die „späte“ Aretha Franklin setzte Chaka Khan fast ausschließlich auf diskotheken-kompatible Arrangements, und so ordnete sie auch ihre Stimme den kühlen Instrumentierungen und dynamischen Percussions unter – das erhob sie zwar über den Status einer glattproduzierten „Diskoqueen“, aber um als unvergleichliche Chanteuse des US-amerikanischen Souls durchzugehen, fehlten ihr möglicherweise Bühnenpräsenz und Unverwechselbarkeit. So steht sie im Video zum Hit „I Feel For You“ irgendwie auch etwas deplatziert neben dem DJ hinter dem Mischpult und erinnert in ihrer blau-gelben Kostümierung eher an eine Buchhalterin der örtlichen Finanzverwaltung von Memphis als an eine glamoröse R´n´B-Queen. Diverse modischen Verfehlungen sollte sie noch ihre gesamte weitere Karriere hindurch begleiten.
Das Album (mit gleichem Namen) zum erwähnten Song zeigt dort seine Stärken, wo es tatsächlich wie der Titeltrack klingt: dynamisch, strukturiert, eingängig, so wie der Song selbst auch, so wie bereits der Vorgänger-Erfolg „Ain´t Nobody“. Gerade Titel wie der Auftakt „This Is My Night“ und „My Love Is Alive“ offenbaren in bester Weise, warum Rechner-Prozessoren und charismatische Stimmen gerade in den 80ern wunderbar miteinander harmonieren konnten. Nicht anders bei „I Feel For You“, wo der vorwärts galoppierende Rhythmus die sparsam eingesetzten Refrainphasen, vor allem jedoch die verspielten Mundharmonika-Soli und natürlich das dominierende Synthi-Thema mitreißt. Keine Frage, das regt auch heute noch zum gelegentlichen Wippen mit den Füßen an – zum hemmungslosen Auf- und Abspringen unter Diskobeleuchtung braucht es aber dann doch vielleicht eher etwas vom Schlage einer Gloria Gaynor.
Urteil: Hier zeigen die 80er mal wieder echte Größe, ein Song perfekt zusammengerührt vom Genie aller Genies Prince, gesanglich formvollendet von der erfahrenen Funk-Chocolatier Chaka Khan. 8 von 10 Punkten.
Jan