Datum | 2007 |
höchste Platzierung | 1 |
Album | B’Day (Beyoncé) |
Website | http://www.beyonce.com/ |
HOCHGLANZGESTÖCKLE IM ETHNOGEWAND
Solch ein Gipfeltreffen der Popchanteusen hatte man lange nicht mehr gesehen. Klar, da gab es das puritanische Geseufze von Brandy & Monica, den ultimativen Zickenkongress mit Mariah Carey und Whitney Houston oder natürlich auch das extravagante Mama-Tochter-Duell zwischen Madonna und Britney Spears. Aber mit der Zusammenarbeit von Beyoncé und Shakira im Jahr 2007 wurde das Thema Frauenduett nochmal auf eine neue Ebene gehoben. Und dabei lief das ganze Projekt noch ziemlich entspannt und unkompliziert ab, schließlich hatten beide Superstars zuvor bereits ihren Respekt gegenüber der Gesangspartnerin verlautbaren lassen. Dazu begegneten sich die beiden bis zum Musikvideodreh nicht einmal persönlich, da Shakira mit ihrer laufenden Tournee zeitlich derart eingespannt war, dass sich kein gemeinsamer Studiotermin finden ließ. So nahmen beide ihre Gesangsparts zu „Beautiful Liar“ unabhängig voneinander in verschiedenen Studios auf – erst Beyoncé, die dann später Shakira um ihren Beitrag bat.
Verantwortlich für das Latin-Pop-Pettingstück ist unter anderem das norwegische Musikproduzententeam Stargate, bestehend aus Tor Erik Hermansen und Mikkel Storleer Eriksen: Die beiden Jungs, die auf dem ersten Blick auch als Türsteher des Münchener Edelclubs P1 durchgehen könnten, hatten bereits Blue und Atomic Kitten mit zuckrigen Soundwatten versorgt, ab 2010 spielten sie endgültig in der Premier League der Popfabrik mit. Zu ihren Kunden gehörten fortan Rihanna, Keri Hilson, Ne-Yo und Ylvis, dessen „The Fox“ zum Nervtötendsten gehört, was jemals über YouTube sich verbreiten konnte. „We may have 500 song ideas a year“, erzählte Stargate-Mitglied Eriksen der Website soundonsound.com, auf etwa 100 gelungene Songs kämen sie schließlich am Ende des Jahres. Einer von diesen hieß im Jahr 2007 schließlich „Beautiful Liar“.
Ein Innovationstsunami wohnt dem Song zwar nicht gerade inne – Eriksen bestätigte dies mit seiner Kernaussage „This song is very simple“ -, einen Extra-Vocalcoach benötigten die beiden Diven im besten Twen-Alter für die Aufnahme wohl garantiert auch nicht, aber „Beautiful Liar“ bietet dennoch ein paar nette Arrangementperlen: Die Ethno-Streicher für den leicht orientalischen Touch umnebeln das R&B-Gerüst recht souverän, die Ein-Akkord-Strategie wirkt nicht allzu billig und die bezaubernden Stimmen der Interpretinnen ergänzen sich großartig. Und das im Text nett illustrierte Verhältnis der beiden Betrogenen funktioniert als Thema ohnehin: „Let’s not kill the karma, let’s not start a fight, it’s not worth the drama for a beautiful liar.“
Da brauchte es ja fast auch kein Hochglanzgestöckle von Knowles und Ripoll im Musikvideo mehr: Soviel laszive Blicke und penetrierende Posen ließen hier fast die Choreographie hintenan stellen. Weit vor Miley Cyrus hat Shakira hier offenbar schon die ersten Vorwehen des „Twerkings“ zum Besten gegeben.
Für Beyoncé wurde „Beautiful Liar“ der erste Nummer 1-Erfolg in Deutschland, Shakira „genoss“ bereits ihren dritten Erfolg nach „Whenever, Wherever“ und „Hips Don’t Lie“.
Aktuell: Beide bringen gelegentlich neue Alben heraus: Beyoncé zuletzt 2016 „Lemonade“, Shakira 2017 „El Dorado“.
Urteil: Intensiv und stimmungsvoll inszeniertes R&B-/Latinpopstück, ordentlich besetzt durch zwei leidenschaftlich auftretende Stars, die jede aufkommende Eintönigkeit souverän wegtanzen.
Jan