Datum | 2006 |
höchste Platzierung | 9 |
Album | Amazing |
Website | http://www.banaroo.de/ |
OPIATEN-POP FÜR KINDER
Als hätte es Mitte der 2000er Jahre nicht schon genug Castingshows im deutschen Fernsehen gegeben, musste nun neben RTL (DSDS), Sat.1 (Star Search) und Pro Sieben (Popstars) auch noch Super RTL mitmischen. Aber hier gab man sich ganz besonders originell und startete den direkten Großangriff auf die jüngste Zielgruppe, die bereits dank der musizierenden Babygesichter von Ch!pz erfolgreich auf simpelste Plastiktracks hingedrillt worden war. Robbert, Stefanie, Kathrin und Vittorio waren die Hauptakteure der Doku-Soap „Banaroo: Das Star-Tagebuch“, in der die 6- bis 13-jährigen Zuschauer gespannt mitverfolgen durften, wie sich die vier jugendlichen deutschen, belgischen und niederländischen Spaß-Beauftragten in Gesangs- und Tanztraining bzw. Choreographie weiterbildeten. Ein großes TV-Format für gelangweilte Kids in leicht verdaulichen 5 Minuten-Schnipseln.
Vielleicht sind ja solche Bands, deren künstlerischer Wert sich allenfalls an den Homestories und Postern in der „Bravo“ und gelegentlichen Auftritten bei „The Dome“ festmacht, immer noch besser als alles, was die Rapper-Schmiede Aggro Berlin den jüngsten Konsumenten an Pädagogik auf den Weg mitgegeben hat. Aber wenn die Kinder irgendwann Texte wie „Dubi Dam Dam Da Dubi Daba Dibi Dam“ vor sich hin murmeln, sollte vielleicht doch mal dringend das Jugendamt eingeschaltet werden.
Lediglich beeindruckend ist dann nur noch die Konsequenz, mit der die Nachfolgetitel das nahezu exakt gleiche Soundkleid des Auftakterfolges „Dubi Dam Dam“ übergestülpt bekommen: Lässt man diesen Titel sowie beispielsweise „Uh Mamma“ haargenau an derselben Stelle beginnen, wo anfangs der Beat einsetzt, erkennt man schnell, dass die Produzenten wahrscheinlich mehr Zeit für die Nutzung der tonstudio-eigenen Kaffeemaschine denn für das Abmischen dieses Opiaten-Pops investiert haben. Und wenn man sich noch kurz überlegt hatte, wenigstens das Musikvideo ein wenig zu würdigen, welches unübersehbar, aber zumindest charmant das Cartoon-Konzept von A-ha´s „Take On Me“ abkupfert, dann sitzt man schon wieder fassungslos vor diesem arg verblödenden Refrain: „Uh Mamma Ma Ma Uh Mamama Uh Mamma, Uh Mamma Ma Ma Uh Mamama Uh Uh“. Sorry, das geht leider auch nicht als postmodernes DaDa durch.
Sollten Sohn oder Tochter übrigens bei Gelegenheit auch Gaga-Zeilen wie „Bana me bana you bana me bana you“, „Bang Boomerang, catch me if you can, bang bang bang Boomerang“ oder „Heya heya heya heya heya heya heya heya heya heya hey“ rezitieren, dann ist leider alles zu spät: Dann hat sich das Kind tatsächlich schon das Album „Amazing“ gekauft. In diesem Fall hilft nur noch: Stubenarrest. Und vorher sämtliche Audioabspielmedien wegnehmen, bitte nicht vergessen!
Aktuell (2019): Mit dem Album „Bubblegum World“ wurden Banaroo 2013 wiederbelebt. Die Tourdaten für dieses Jahr (letzter Termin am 1.9.2013 in Schweinfurt) sind noch immer auf deren Website zu finden – seitdem Stille.
Urteil: Frohsinns- und Kinderdiskomusik ja, aber auf solch abgebrühte und stumpfsinnige Weise? Da weiß man erstmal die Lebensleistung von Rolf Zuckowski wirklich zu schätzen.
Jan