Datum 1972
höchste Platzierung 3
Album Billion Dollar Babies
Website http://www.alicecooper.com

DIE ZAHME ROCKKANDIDATUR EINER SKANDALGRUPPE

November 1972. Der alte PrĂ€sident trat erneut an: Republikaner Richard Nixon. Und an seiner Wiederwahl gab es keinerlei Zweifel: Außenpolitische Entspannung zu China, allmĂ€hlicher RĂŒckzug aus Vietnam, stabile Wirtschaftslage – all dies waren Faktoren, die fĂŒr den demokratischen Gegenkandidaten George McGovern keinerlei Spielraum boten, mit alternativen Themen zu punkten. Entsprechend verheerend wirkte sich auch das Ergebnis fĂŒr ihn aus: 17 WahlmĂ€nner entfielen auf den South Dakotaner, wĂ€hrend Nixon mit 520 WahlmĂ€nnern und 60,7 % der abgegebenen Stimmen den höchsten Sieg eines Republikaners in der Geschichte der USA erringen konnte. Ein langweiliger Wahlherbst also.

Die Band Alice Cooper, die einst 1972 eben noch eine Band und nicht allein der FrontsĂ€nger Vincent Damon Furnier war, erfreute sich zu diesem Zeitpunkt bereits an einer unbeschreiblichen Welle des Erfolges. Nach dem Album „School’s Out“, der ihnen auf einen Schlag ausverkaufte Konzerthallen und sprudelnde Einnahmen durch unzĂ€hlige PlattenverkĂ€ufe bescherte, stiegen sie mit „Billion Dollar Babies“ in die oberste Liga der zeitgenössischen Rockgruppen auf. Und nicht nur das, die BĂŒhnenshows waren legendĂ€r: satanistische Schockorgien mit Blut und Hinrichtungen begeisterten die Massen. TugendwĂ€chter erzĂŒrnten sich an den skandaltrĂ€chtigen Auftritten, die jedoch immer wieder beste Unterhaltung gewĂ€hrleisteten,

„Billion Dollar Babies“ gehörte zu den besten Veröffentlichungen der Band und spiegelte den Höhepunkt ihres Schaffens wider. Doch an „Elected“, jenem mehr oder weniger satirischen Verweis auf die kommenden PrĂ€sidentschaftswahlen, schieden sich die Geister. So zeigte sich der Rezensent des „Rolling Stone“-Magazins alles andere als begeistert: Der Titel wird als „a victim of incredibly inept production“ bezeichnet, und weiter: „(…) just when you’re expecting the thing to explode into a fist-hoisting anthem, the whole damn thing suddenly fizzles out. Guitars decelerate, horns recede … it doesn’t make any sense.“ (Quelle: Rolling Stone). Dagegen bewertet sputnikmusic.com das Lied eher milde und immerhin mit 4 von 5 Punkten: „There are some horn and orchestral sections that give the song an epic feel, as well as some more nice guitar/bass melodies.“

Sicher war es nicht der grĂ¶ĂŸte Wurf auf dem Album, allein „No More Mr. Nice Guy“ lĂ€sst die Rockgitarren deutlich gepfefferter erklingen. Dennoch hĂ€lt es niemanden auf den StĂŒhlen, wenn Furnier sich bei seiner England-Tournee auf der BĂŒhne mit riesigen Schlangen rĂ€kelte und Zeilen sang, nein brĂŒllte, wie: „We’re gonna win this one, take the country by storm,we’re gonna be elected, you and me together, young and strong. We’re gonna be elected, elected, elected, respected, selected, call collected, I wanna be elected, elected.“ Die Jugend hĂ€tte wohl keinen Zweifel daran gehabt, dass Alice Cooper im Weißen Haus einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hĂ€tten.

Stattdessen nahm dort erneut Richard Milhous Nixon Platz und er durfte noch knapp zwei Jahre amtieren – bis er infolge eines winzigen zufĂ€llig entdeckten Klebebandes und der im Weiteren folgenden Watergate-AffĂ€re als erster PrĂ€sident der USA 1974 zurĂŒcktreten musste. Im gleichen Jahr ĂŒbrigens, in dem auch die Band Alice Cooper (wenngleich nie offiziell verkĂŒndet) das Handtuch warf. Furnier regierte fortan als Alleinherrscher unter dem Namen.

Aktuell: Alice Cooper bleibt weiter dick im GeschĂ€ft, seine Webseite sprudelt nur so von News und Tourdaten. Nicht schlecht fĂŒr einen Musiker im Rentneralter.

Urteil: Weniger feurig und vorwĂ€rtspreschend als die vielen anderen Hits aus der Zeit, vergleichsweise sogar arg zahm. Und trotzdem ein starkes StĂŒck Rockgeschichte der frĂŒhen 70er Jahre.

Jan

Alice Cooper – Elected
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