Datum 2010
höchste Platzierung 1
Album The Beginning
Website http://www.blackeyedpeas.com/

GUANTANAMO FÜR POPÄSTHETEN

The Black Eyed Peas - The Time (Dirty Bit)Wenn es in den letzten Jahren eine Band gab, der man nun ziemlich ĂŒberdrĂŒssig werden durfte, dann waren es sicherlich die Black Eyed Peas: Zwischen charmanten Hip Hop-Grooves wie „Shut Up“ oder „DonÂŽt Phunk With My Heart“ und grĂ€sslich-tumben House-Gefiepse wie „Boom Boom Pow“ macht diese Gruppe aus Los Angeles wirklich alles mit, was die Genres hergeben. Aber nach dem nunmehr sechsten Album „The Beginning“ konnte man nur noch ganz nĂŒchtern feststellen: Sie nerven. Sie nerven mit dieser ĂŒberdrehten Mischung aus Elektrobeat und Rap, Euro Dance und Alternative, mit dieser inzwischen inflationĂ€r hĂ€ufigen Verwendung von stimmlichen Verfremdungseffekten und zappeligen BĂ€ssen, ausgereizten Drumcomputern und einer Roboterstilistik in Gesang und Instrumentierung – all das ist weit weg von Hip Hop, dem sie sich ja eigentlich ursprĂŒnglich zugehörig fĂŒhlten.

Aber was Fergie, Will.i.am und Taboo mit „The Time (Dirty Bit)“ ablieferten, war ein echtes Guantanamo fĂŒr PopĂ€stheten, fĂŒr Fans des „Dirty Dancing“-Originals von Bill Medley & Jennifer Warnes die pure PietĂ€tlosigkeit. Aus dem seit je her schon ĂŒberschĂ€tzten 80er-Kultsong „(IÂŽve Had) The Time Of My Life“ eine partytaugliche MithĂŒpfnummer zu basteln, mag man ihnen noch weniger ĂŒbel nehmen als diese stumpfe Sinnentleertheit, die sich in Video („witzige“ Minecraft-Animationen!) und Inhalt niederschlĂ€gt: „All these girls they like my swagger, they callinÂŽ me Mick Jagger, I be rollinÂŽ like a stone, Jet setter, jet lagger…“ Manche mögen es eine mutige Neuinterpretation und ganz bewusste Kontrastierung in Bezug auf die Vorlage nennen, aber eigentlich ist es einfach nur der Gipfel des Mainstreams, eine Anbiederung an den juvenilen Massengeschmack unserer Smartphone-Generation, die sich daraus noch ihre Klingeltöne und morgendlichen Weckruf-Sounds zusammenstellen. Und sowas besetzte doch tatsĂ€chlich mehrere Wochen die Spitze der deutschen und englischen Charts! Warum bloß?

„That song is a celebration of this amazing time in our lives. We’ve been on tour all over the world, and looking out at stadiums full of people who came out to see us — that’s as big as it gets. After the shows, we go out to the clubs and meet the fans; those are moments that we have to remember“, erklĂ€rt Fergie auf der Website von den Black Eyed Peas. Mit anderen Worten: Ein Song, der all diesen grenzenlosen Spaß, welchen sie und die ĂŒbrigen Bandmitglieder auf ihren Konzerten und in den Clubs genießen durften, in quĂ€lende fĂŒnf Minuten zusammenfasst. Gab es keine anderen Möglichkeiten, in jenen Erinnerungen zu schwelgen?

Aktuell: 2018 kam das neue Album heraus: „Masters Of The Sun, Vol. 1“, ohne Fergie. 2019 folgte eine Tour, doch die glorreichen Zeiten scheinen vorbei zu sein.

Urteil: OhrenbetĂ€ubend, Ă€rgerlich, grausam: Stumpfe House-Rhythmen rund um den blechern-tunigen Refrain machen diesen Track zu einem Tiefpunkt der Black Eyed Peas-Ära. Der Song provoziert nicht, er stört.

Jan

Bildquelle: Universal Music

The Black Eyed Peas – The Time (Dirty Bit)
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