Datum 2013
höchste Platzierung 1
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Ă„THERISCHES YOUTUBE-PHĂ„NOMEN IM DEEP-HOUSE-GEWAND

Sie sind jung, an der Uni eingeschrieben und tĂĽfteln in der Freizeit gerne an Fruity Loops? Womöglich haben Sie ja schon einen Song fertig produziert? Dann landen Sie doch einfach auf Platz 1 der deutschen Charts! Das ist gar nicht kompliziert: Laden Sie das Lied bei YouTube hoch (oben rechts auf den Button „Hochladen“ klicken), suchen Sie sich einen populären YouTuber mit ganz vielen Abonnenten und begeistern Sie ihn fĂĽr Ihr Werk. Der lädt dieses wiederum auf seinem eigenen Channel hoch und alle Abonnenten werden plötzlich auf Sie aufmerksam. Das war es eigentlich schon. Abwarten, Abrufstatistiken im Auge behalten und rechtzeitig die Planung fĂĽr eine kleine Clubtour in den Semesterferien beginnen.

Es könnte die 2.0-Variante von The KLF’s legendärem Ratgeber „How to have a Number one the easy way“ sein – die DJ’s Faul und Wad Ad haben dieses Manual allerdings nicht lesen mĂĽssen, um halb Europa auf der Deep House-Welle reiten zu lassen. Die beiden Franzosen, 21 Jahre jung, nutzten, ähnlich wie die Kollegen von Klingande, das weltweit größte Videoportal von Google, um nach zwei Jahren des Freizeitmixens die Hitparaden durchzumischen – und profitierten dazu von der Eigendynamik der Sozialen Netzwerke, die jene Art des Electropettings von Profil zu Profil weiterreichen. Nur ein französisches Phänomen? „Das hat nichts mit Frankreich zu tun“, entgegnet Monsieur Ad. „Viele KĂĽnstler starten heute ihre Karriere im Internet. Ăśber Social Media verbreitet sich ein Song unglaublich schnell auf der ganzen Welt. Es gibt keine Grenzen.“ (Quelle: welt.de)

So gibt es auch keine Grenzen fĂĽr ätherisch wirkende Softbeat-Nummern wie „Changes“, die im Sommer 2013 einen unbeschreiblichen Boom erfuhren. Das typische Kernelement ist das Saxophon, welches hingebungsvoll ein paar Bebop-Phrasen hoch- und runterspaziert, im adretten Retro-Stil, und aufgeplustert durch einen Kinderchor, der als Sample aus Pnaus „Baby“ entnommen wurde. Gesungen wird dies: „Baby, I don’t know. Just why I love you so. Maybe it’s just the way. That God made me this day.“ Das ist Poesie, perfekt zugeschnitten auf die Vorschulgeneration. Zynisch betrachtet.

Relaxt und ausproduziert mag das ganze sein, an Klingandes „Jubel“ kommt „Changes“ trotzdem nicht heran. Vielleicht fehlt bei Letzterem die konsequentere Rhythmik und das gestalterische „Ornament“, das nicht einzig auf Holzblasinstrumente setzt, um dem Sound ein wenig Leben zu verleihen. Hier ist man doch nach einiger Zeit dieser Spielereien ĂĽberdrĂĽssig.

Vielleicht waren Maxime und Camil, wie sie mit richtigem Namen heiĂźen, bald auch selbst von dem wenig explosivem Sound gelangweilt: Ein ganzes Album stand jedenfalls erstmal nicht zur Debatte.

Aktuell: „Something new“ war der Nachfolger von „Changes“, aber mehr Chartstaugliches kam nach dem erfolgreichem DebĂĽt erstmal nicht.

Urteil: Nicht besonders originelles und clubbebendes Deep-House-StĂĽck, das einen kaum vom Hocker zu reiĂźen vermag. FĂĽr einen Nummer-1-Hit etwas zu ĂĽberbewertet.

Jan

Faul & Wad Ad vs. Pnau – Changes
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