Datum | 2012 |
höchste Platzierung | 3 |
Album | E vocĂȘ |
Website | http://gusttavolima.com.br/ |
BRASILPOP ALS PARTYGARANTIE
„Chicks go crazy whne we arrive at the party“. So liest es sich auf Gusttavo Limas Website vielversprechend, inklusive eines ordentlichen Buchstabendrehers. Aber schlieĂlich musste es ja auch mit der Mission „Export brasilianischen Folklore-Pops nach Europa“ relativ schnell gehen, wenn man noch vom umwerfenden Erfolg des Pioniers Michel TĂ©lo und dessen verfrĂŒhtem Sommerhit 2012 nachhaltig profitieren wollte. Also war Lima dazu auserwĂ€hlt, den musikalischen Trend noch so lange wie möglich am Lodern zu halten. „Balada“ sollte die Strategen von Universal Music nicht enttĂ€uschen.
Entscheidend beigetragen zum Erfolg hatte zum einen der brasilianische FuĂball-Nationalspieler Neymar, dessen choreografierter Jubel zum Song sĂ€mtliche Videoportale durchquerte. Zum zweiten war das Erwecken tiefster SehnsĂŒchte nach Palmenstrand, Beach Bars und Samba-Kursen schon immer ein probates Mittel, um die im Sommer zumeist Bewölkungs- und Dauerregen-gequĂ€lten MitteleuropĂ€er zu vertrösten. Und so schob sich der 23jĂ€hrige hinter Lykke Li und Loreen mit „Balada“ auf Platz 3 der deutschen Charts und lieĂ sich diesen 6 Wochen lang nicht mehr nehmen.
Auf der BĂŒhne der beeindruckenden Konzertarena, die im Musikvideo zu sehen ist, steht allerdings nicht jener testosterongestĂ€hlte Adonis, den frau möglicherweise hinter der charmanten Stimme vermuten wĂŒrde, sondern vielmehr eine etwas stĂ€mmigere Justin-Bieber-Kopie mit verunglĂŒckter Mecki-Frisur, offenbar in demselben Labor zusammengefalzt wie der im SĂŒden Brasiliens aufgezĂŒchtete Hit-VorgĂ€nger Michel TĂ©lo. Mit ein paar bedĂ€chtigen, zuweilen dezent obszönen Körper-Bewegungen, aber vor allem zuckersĂŒĂen Blicken in Richtung des enthemmten und vorwiegend weiblichen Publikums singt er sich rhythmisch durch den inhaltsleeren Zungenbrecher „No tchĂȘ tcherere tchĂȘ tchĂȘ. Tcherere tchĂȘ tchĂȘ, tcherere tchĂȘ tchĂȘ, tcherere tchĂȘ tchĂȘ, tchĂȘ, tchĂȘ, tchĂȘ, Gusttavo Lima e vocĂȘ!“ Der Rest der Strophen widmet sich im Wesentlichen den (libidonösen) Andeutungen des SĂ€ngers, der seine Angebetete zur abendlichen Party ausfĂŒhren und nebenher seinen BedĂŒrfnissen nach innigsten BerĂŒhrungen nachgeben möchte. Das hat das bereits erwĂ€hnte Milchgesicht aus dem SĂŒden des Landes bei „Ai Se Eu Te Pego“ deutlich schĂ€rfer formuliert. Andererseits: Selbst wenn sowohl „Balada“ als auch die Ansammlung Ă€hnlicher BeitrĂ€ge auf dem Album „E VocĂȘ“ kaum landestypische UrsprĂŒnglichkeit als vielmehr sĂŒdlich angehauchten Pop versprechen (interessanter sind sicherlich Interpreten wie Gilberto Gil oder der verstorbene Emilio Santiago) – die Aufgaben Stimmungsgarant und PartyschmeiĂer erledigt Gusttavo Lima souverĂ€n! Den Rest erledigt das obligatorische Akkordeon.
Dass der Junge irgendwann systematisch die anderen Kontinente erobern wĂŒrde, war wohl schon frĂŒhzeitig abzusehen: Seine Heimatstadt Presidente OlegĂĄrio, in der ihm zu Ehren eine Statue errichtet wurde, lĂ€sst angesichts des komplett leergefegten Innenstadtpanoramas, den die offizielle Website vermuten lĂ€sst, wohl kaum eine andere Wahl als den Karneval woanders zu feiern…
Aktuell: Auftritte von Gusttavo Lima gibt es weiterhin vorwiegend in Brasilien zu sehen. Mehr als ein One Hit-Wonder wird er wohl hierzulande nicht bleiben.
Urteil: Routinierter Brasilpop-Stimmungskracher mit Sommerfeeling, Live-AtmosphÀre und einem sympathischen Burschen am Mikro. Nicht mehr und nicht weniger.
Jan
Bild: Universal Music