SYNTHIE-GELÉE MIT POWERSTIMME
Brutal, spektakulär und ohne Frage kultig – „Mad Max“ war in den 80ern der Inbegriff des Actionkinos, mit niedrigem Budget, aber viel Herz für Blechfolter von Regisseur George Miller gedreht. Dass er später mit Filmen wie „Ein Schweinchen namens Babe“ oder „Happy Feet“ deutlich mehr Anerkennung verdienen sollte, verwundert bei dem trashigen Plot der „Mad Max“-Reihe kaum – irgendwas mit futuristischen Endzeitabgründen, missratenen Zivilisationsresten und einem umhercruisenden Rachelüstling in einem V8 Interceptor -, aber neue Maßstäbe in Sachen Gewaltästhetik und Kameraexperimente wurden zweifellos gesetzt. Der dritte und (vorerst) letzte Teil, „Mad Max III – Jenseits der Donnerkuppel“, konnte noch einmal die Fans in die Filmsäle locken, bis sich Mel Gibson mit „Lethal Weapon“ dem nächsten Highlight des 80er Jahre-Machokinos widmete. Es schien nur eine Lady dieser muskelgestählten Männerdomäne Stand halten zu können, und die spielte denn auch noch neben Gibson die weibliche Hauptrolle, Aunty Entity: Tina Turner.
Im für die Popmusik durchaus stattlichen Alter von 46 Jahren mischte die US-Amerikanerin die Charts Europas und der USA ordentlich auf, und das hatte sie vor allem einer unglaublichen Bühnenpräsenz zu verdanken: Stöckelschuhe, Netzstrumpfhose und ein wallendes weißes Haar, das ihr locker bis zum Hintern reichte, dazu diese kräftige Soulstimme, fertig war das Nervengift für die Riege der Berufschauvinisten im Musikbusiness. Vor allem schienen ihr die Plastikrocknummern jedesmal wie auf den Leib komponiert. Songs wie „We Don´t Need Another Hero“ funktionierten göttlich mit der Powerstimme, ohne diese wirkten sie wie zäh-breiiges Synthigelée vom Yamaha-Keyboard runtergenudelt. Aber das war es eben halt: Manchmal reicht dann doch ein Granatentimbre.
Allerdings stimmen bei diesem Lied, welches den episch-apokalyptischen Charakter des Films auch im Text aufgreift, alle anderen Komponenten auf das Perfekteste: düster-atmosphärisches Soundbett, dezente Gitarrenschnipsel und – sowas funktioniert immer, fragt den Meister der bigotten Jenseitsmelodramatik, den „Grafen“ von Unheilig – ein hinreißender Kinderchor im groß ausgeholten Refrainfinale. Das ist schon ein kompositorisches Glanzstück der Mitte 80er-Phase, die sich noch immer aus den Fängen des elenden Italo-Disco-Gemurkses zu befreien versuchte und darüber hinaus nur Diskotheken-Trash von Modern Talking in die „Formel 1“-Hitparaden feuerte. Warum hat Max nichts dagegen unternommen?
Urteil: „We Don´t Need Another Hero“, ein monströs aufgeblasenes Rockpopwerk, das melodisch und stimmungsmäßig, vor allem aber gesangstechnisch beeindruckt und Tina Turner in Bestform präsentiert. 7 von 10 Punkten.
Jan