The Beatles – Nowhere Man

Album:
Rubber Soul
Höchste Platzierung: 
3
Erscheinungsjahr:
 1966
Albumcover:
Musikvideo:
ERWACHSENER UND TIEFGRÜNDIGER

Mit dem Album „Rubber Soul“ aus dem Jahr 1965 machten die Beatles vieles anders als bisher: Erstmals beteiligten sich alle vier am Songwriting, obwohl natürlich McCartney und Lennon den Großteil beisteuerten. Doch auch der Sound war irgendwie anders: Zum herrlich-schmachtvollen „Michelle“ gesellten sich auch psychedelisch angehauchte Kompositionen wie „Norwegian Wood“, „You Won´t See Me“ und „The Word“, nur wenig von dem Album klang so luftig-leicht wie „What Goes On“ und „Wait“. Irgendwo dazwischen: „Nowhere Man“. John Lennon tat sich lange Zeit schwer, etwas Ansprechendes für das „Rubber Soul“-Album zusammenzubasteln, bis dieser – so schrieb es McCartney in dessen Biografie – in Folge einer Selbsterkenntnis auf den Titel „Nowhere Man“ kam.

Das Stück ist glänzend, aber nicht überragend, und es gehört vielleicht sogar eher zu den schwächeren Beiträgen auf „Rubber Soul“. Ein bisschen vermisst man hier die Geschliffenheit, den melodischen Charme, welchen die Beatles der 60er Jahre auszeichnet, dafür überragt hier die Schwermut und die Würdigung des Melancholikers, den Lennon zweifellos in sich selbst entdeckte: „He’s a real nowhere man, sitting in his nowhere land, making all his nowhere plans for nobody.“ Ein Anflug von Depression, einer Ehekrise, wie Paul bereits mutmaßte?

Sei´s drum, auch hier wurde eine vorsichtige Trendwende im Oeuvre der britischen Rockband erkennbar, sie klang gereifter, erwachsener und tiefgründiger denn je, und präsentierte sich zusehends auch in deutlich seriöserem Gewand. Und wieder diese Leidensmiene des so andauernd sinnsuchenden John: „Doesn’t have a point of view, knows not where he’s going to, isn’t he a bit like you and me?“

Obwohl sie noch immer so aussahen, als wären sie gerade erst von der Abifeier direkt auf das nächste Abschlussklassenfest gehetzt und hätten in den von ihren Müttern zusammengenähten Anzügen die Bühne erobert, erschienen sie lange nicht mehr so abgeklärt und gewissermaßen gravitätisch, wie es auch der Konzertauftritt in München bewies. Mit dem erwachsensten Album aller Zeiten „Rubber Soul“ und der sich in „Nowhere Man“ so deutlich offenbarenden Orientierungslosigkeit des großen Genies John Lennon haben die Beatles zweifellos die Tür zu einer neuen Ära in ihrer beispiellosen Karriere aufgestoßen – auf einmal schrien nicht nur die jungen fanatischen Mädels, sondern auch deren Eltern, vor Begeisterung. Wohlwahr, es war fast zu spät dafür, denn nur kurz darauf beschlossen die Musiker, nie wieder auf Tour gehen zu wollen. Wie gesagt, es war vieles anders als bisher…

Aktuell: „Rubber Soul“ gilt nach wie vor als eines der besten Alben der Fab Four. Ein Pflichtalbum für all jene, denen die Beatles noch immer allzu lange Zeit als überschätzte Teenieidole galten.

Urteil: Die Kritiker waren restlos begeistert, mich überzeugt der Song nicht restlos, vielleicht liegt es an der etwas ermüdenden Gitarrenbegleitung. Aber was ist bei den Beatles schon wirklich enttäuschend? 8 von 10 Punkten.

Jan

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