WOHLIGE EINGÄNGIGKEIT
Konventionenpop? Fahrstuhlmusik für Erwachsene? Oder doch eher perfekter Gemütlichkeitspop für die ganze Familie? Kritiker waren sich uneins, die Konsumenten nicht. Vielleicht war und ist es vor allem die knarzend-weinerliche, auf alle Fälle unverwechselbare Stimme von Chris Norman, die das Erfolgsgeheimnis von Smokie ausmachte. Und wenn auch deren Oeuvre bis heute eher milde belächelt wird, Songs wie „I´ll Meet You At Midnight“ oder „Lay Back In The Arms Of Someone“ sind durchaus zum besten Pop der Ende-70er-Periode zu zählen und offenbarten die Routiniertheit, mit der das Label des einst sehr populären Produzenten Mickie Most der britischen Band musikalisches Profil verlieh.
Zu den erfolgreichsten Alben gehörte „Bright Lights & Back Alleys“, verantwortlich als Produzent der ebenfalls zum Most-Clan zugehörige Mike Chapman, der bereits Hot Chocolate und Suzi Quatro zu länger andauernden Chartserfolgen verhalf. Das insgesamt nun vierte Album von Smokie verkaufte sich mehr als 350.000 Mal, ein echter Karrierehöhepunkt für die Band um Chris Norman, Terry Uttley, Alan Silson und Pete Spencer. Viele Tophits, eingängige Popnümmerchen, kaum Extravagantes. Und doch gibt es immerhin zwei bemerkenswertere Songs, die ahnen lassen, wie wohl sich Chris Norman auch als Leadsänger einer Hardrock-Hymnen-Band wie Deep Purple oder der Psychedelic-Titanen von Jefferson Airplane gefühlt hätte: „Walk Right Back“ und „It´s Your Life“.
Ersteres Stück könnte auch von ZZ Top geschrieben worden sein, bei „It´s Your Life“ ahnt man zumindest so manch pointierte Note irgendeines Bob Marley-Songs herauszuhören. Mit einem flotten, doch keinesfalls hektischem Reggae-Beat strahlt der Hit wohlige Eingängigkeit aus, ohne – wie bei vielen anderen Smokie-Stücken – nur die wabernden Gitarrenakkorde durch zu exerzieren und dabei die immer gleiche Beliebigkeit von Normans larmoyanter Intonation zu demonstrieren. Dazu wird auch mutig mal ein Rhythmuswechsel versucht, eine kleine synthielastigere Zwischensequenz engeschoben und gleich darauf der Offbeat des Hauptthemas erneut aufgegriffen.
Das ist nichts Überragendes, wie so selten bei Smokie, aber trotzdem bewegend und schlicht gut gemacht. Da macht auch der etwas verschrobene Welterklärer-Text noch kaum etwas aus.
Aktuell: Auch Smokie gehört zu den zahlreichen Pop-Zombies, die ihren Namen bis in die Neuzeit zu retten versuchen, zugleich aber mit der Ursprungsbesetzung kaum noch etwas zu tun haben. Der Tourplan für 2013 war jedoch prall gefüllt: Dänemark, Norwegen, Deutschland, Schweden, Italien… Vor allem die Skandinavier können wohl nicht genug von Smokie bekommen.
Jan