VOM SOULHIT ZUR JEANSHYMNE

Datum 1960
Platzierung  2
Album The Wonderful World 1957-1962
Website https://officialsamcooke.com/

Es ist 1986 und in den noch relativ neuen Privatsendern tummeln sich die Werbespots: Ein Audi Quattro müht sich eine Skisprungschanze hinauf. Iglo wirbt mit Mutter und Tochter für den Spinat „mit dem Blub“. Der Kuschel von „Kuschelweich“ berichtet über die neue duftende Frische. Doch in den westdeutschen Küchen und Kantinen ist vor allem ein Werbespot im Gespräch: Die Jeans des amerikanischen Textilunternehmens Levi Strauss. Kurz: Levi’s. Ein furchtbar ansehnliches Model macht vor einem Fenster ein paar Klimmzüge, zieht sich anschließend verschwitzt eine Levi’s-Jeans über und steigt anschließend in die Badewanne, um dort eine Coke(?) zu genießen. Einfach nur episch. Und ziemlich unlogisch.

Dazu erklingt eine kurze entspannte Soulpopnummer, interpretiert von einem Großen der Musikgeschichte: Sam Cooke. 22 Jahre nach seinem plötzlichen Tod (er wurde 1964 in Los Angeles im Hacienda Motel von der Hotelmanagerin erschossen) gelangt „Wonderful World“ europaweit wieder auf den Spitzenplätzen.
Dass die Werbung noch einen deutlich größeren Einfluss auf den Plattenverkauf hatte, war sicher ein Grund für das erstaunliche postmortale Comeback. Darüber hinaus besticht die gerade einmal 2:06 Minuten kurze Nummer mit der cool vorgetragenen Gelassenheit eines in nahezu allen Schul- und Lebensbereichen Ahnungslosen, für den die Liebe („But I do know one and one is two. And if this one could be with you. What a wonderful world this would be.“) alles bedeutet.
Entstanden ist „Wonderful World“ im Jahr 1959, komponiert vom kongenialen Duo jener Zeit Herb Alpert und Lou Adler und veröffentlicht durch Keen Records, einem relativ kleinen amerikanischen Independent-Label. Es war der letzte Song, den Cooke unter Keen herausbrachte.
27 Jahre später, als Levi’s den „Vater des Soul“ wieder in die Öffentlichkeit pushte, wurde jener in die „Rock and Rock Hall of Fame“ aufgenommen und in den deutschen Charts bis auf Platz 2 gespült. Eingezwängt von Dieter Bohlen auf Platz 1 („Atlantis Is Calling“, Modern Talking) und Platz 3 („Midnight Lady“, Chris Norman).
Zumindest blieb Sam Cooke diese bittere Tatsache – trotz seines fulminanten wie unverhofften „Comebacks“ – erspart.

Aktuell: Sam Cooke verstarb 1964.

Urteil: Lieder, die niemals altern, deren Text niemals profan wirken, deren Interpreten in die Musikgeschichte eingingen. Das ist „Wonderful World“.

Sam Cooke – Wonderful World
Markiert in:                     

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert