GANGSTERGEHABE TRIFFT REGGAE-CLOWN
Wer an große deutsche Produzenten denkt, kommt schnell auf Namen wie Ralph Siegel oder Frank Farian: Dahingeschmissene Diskotheken-Gülle für Konsumenten mit defizitären Geschmacksrichtungen. Was man ihnen jedoch niemals nachsagen würde: Sie hätten ihre großen Hits nicht mit viel hartnäckiger und intensiver Arbeit produziert sowie geschrieben und das Glück einer langjährigen Studiokarriere quasi erzwungen. Ein anderer Branchenprimus dagegen macht bis heute den Eindruck, er stolpere gelegentlich beim Staubsaugen oder den Müll rausbringen über einen nächsten fast schon totgetretenen Trend, der sich trotzdem noch irgendwie auswringen und zu Kapital machen ließe: Alex Christensen. Nachdem ihm der einzig wirklich hoch anzurechnende Coup 1991 mit „Das Boot“ gelungen war, presste er von ATC über Rollergirl bis zu Catterfeld soviel Eurodance und Schlagerpolitur aus seinen Künstlern heraus, bis einen selbst die DSDS-Kompositionen von Dieter Bohlen wie Beethovensche Epochalsinfonien vorkommen.
Mit dem ungleichen Reggae-Hiphopper-Duo Prince Ital Joe und Marky Mark hatte er schon früh in den 90ern seine nächsten Opfer gefunden: Der eine verdiente sich mehr schlecht als recht über Partyauftritte und Promoterarbeiten seine Leviten, der andere versuchte mit Auftritten als Unterwäschemodel sich allmählichvon seinem Bruder Donnie, der bis dato als Mitglied der New Kids On The Block zum Teenieidol mutiert war, zu emanzipieren. Mit ein bisschen Straßenköterimage, betulichem Gangstergehabe und Bravo Otto im Gepäck inszenierte sich Mark Wahlberg als das schwiegermuttertaugliche Pendant zu M.C. Hammer, der den Rap mit religiösem Pathos und clubtauglich in die 90er hinübergerettet hatte. Hier battlen sich nun also der jamaicanische Raggae-Clown und der Bostoner Ex-Kriminelle zu einer Analyse unserer schlechten und von so viel Unrecht beherrschten Welt zusammen, dass uns das Blut in den Adern gefriert.
Wenn die Typen uns insofern etwas von „Respect Abubaka, Respect Mandela“ erzählen und gleich darauf der Refrain die wenigen Zeilen „Maybe one day we´ll be united“ gnadenlos durch unsere Gehörgänge fegt, dann hören wir weder ein politisches Statement zur Lage der Kontinente noch eine Charitysingle gegen den Hunger der Welt, sondern eine Alex Christensen-Produktion, die dem Eurodance noch ein aufklärerisches Element hinzufügen möchte – aber eigentlich nur auf den Tanzflächen-Mainstream abzielt. Fadenscheinig!
Urteil: Ein Nr. 1-Hit in Deutschland, der nun wirklich zurecht vom Rest des Abendlandes ignoriert und allenfalls mit einem ungläubigen Lächeln bedacht wurde. 3 von 10 Punkten.
Jan