Datum 1983
höchste Platzierung 6
Album Future Shock
Website http://www.herbiehancock.com/

VISIONĂ„RER „TURNTABLING“-EXZESS

Herbie HancockHerbie Hancock verstand es wie kaum ein zweiter während seiner langen Karriere, den Spagat zwischen anspruchsvoller Jazzmusik und zeitgenössischen Entwicklungen im Pop zu meistern. Dies spiegelte sich allein in den Preisen wider, die ihm verliehen wurden: So erntete er viele seiner unzähligen Grammy-Auszeichnungen in der Kategorie Jazz Instrumental, aber auch beispielsweise fĂĽr die Best R&B Instrumental Performance. Klassische Jazzstandards wie sein bis heute legendäres StĂĽck „Watermelon Man“ (1962), Funk- und Soul-Kompositionen, u.a. mit seiner Band The Headhunters (1973) bis zu den Elektro-und Pop-Experimenten, die sich auf Alben wie „Future Shock“ (1984) wiederfinden lassen – Hancock ist wahrlich nie stehengeblieben und lieĂź kaum eine bedeutende Strömung der Musik auĂźen vor, ohne seine eigentliche Bestimmung als begnadeter Jazzpianist zu verleugnen.

Seine Vorliebe fĂĽr Synthesizer, Drum Machines und die innovativen technischen Standards, welche in den 70ern aufkamen und in den 80ern zur BlĂĽte reiften, bildeten das Fundament fĂĽr jene Sounds, die stark gefärbt waren von der neuen Hip Hop-Kultur rund um Branchengrößen wie Grandmaster Flash, Run DMC und Afrika Bambaataa und bis dato völlig unbekannte Techniken wie das Scratching, Sampling und Backspinning ins DJ-Repertoire aufnahmen. „Rockit“ war insofern eine äuĂźerst ungewöhnliche Nummer: In keinem populären Popsong zuvor wurde das sogenannte „Turntabling“ so exzessiv demonstriert wie in diesem. Das InstrumentalstĂĽck treibt zeitweise die Scratch- und Drum-Machine-Choreographie derart auf die Spitze, dass man den Eindruck bekommt, Hancock hätte am liebsten noch stundenlang dem amerikanischen Profi-Turntabler Grand Mixer DXT, der dem Altmeister die entscheidenden Sequenzen lieferte, beim Hin- und Herschreddern seiner Vinyl-Schallplatten zugeschaut.

Dazu bewegen sich im gleichfalls beachtungswĂĽrdigen Musikvideo diverse Schaufensterpuppen roboterartig durch den Raum, während Hancock auf dem Bildschirm eines aussortierten Fernsehapparats voller Hingabe auf den Keyboardtasten herumhämmert. Wahrlich der coolste Jazzpianist, den die Welt zu diesem Zeitpunkt gesehen hatte, und das mit Mitte 40! Song und Video wurden beide mit einem Grammy bzw. diversen MTV Music Awards prämiert, viele KĂĽnstler entdeckten in Hancock ein neues Vorbild fĂĽr sich und der Oscar-Preisträger (Beste Filmmusik zu „Um Mitternacht“) gewann zudem ein jĂĽngeres Fan-Publikum dazu. Wieviel doch die Wandlungsfähigkeit einer Jazzikone, die einst Miles Davis ihren Lehrmeister nannte, bewirken kann…

Aktuell: Klar ist der Mann auch aktuell noch dick im Geschäft, lässt sich hin und wieder bei Tourauftritten sehen und wird seinem „Imagine-Projekt“ von 2010 sicher noch weitere musikalische Veröffentlichungen folgen lassen.

Urteil: „Rockit“ – ein ungewöhnliches wie gleichermaĂźen visionäres StĂĽck Popkultur, das weniger von seiner Dynamik und Radiotauglichkeit als vielmehr der Experimentierlust und markanten Stilmitteln zehrt.

Jan

Bildquelle: Universal Music

Herbie Hancock – Rockit
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