Datum | 2000 |
höchste Platzierung | 2 |
Album | L’Amour Toujours |
Website | http://gigidagostino.com/ |
ITALODISCO-BRATEN IN DAUERSCHLEIFE
Was haben die amerikanische New-Wave-Band Blondie und der italienische DJ Gigi D’Agostino gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts, auf dem zweiten jedoch durchaus einen entscheidenden Aspekt: Sowohl die Gruppe um Deborah Harry als auch der Musikproduzent aus Turin brachten mit ihren ganz eigenen musikalischen Mitteln einen Pionier der französischen Punkkultur ins Bewusstsein der Ăffentlichkeit, einen PunkbegrĂŒnder, der heute gröĂtenteils in Vergessenheit geraten ist. Blondie widmete Jacno alias Denis Quilliard einen Song mit dem Titel „Denis“, D’Agostino verarbeitete dessen Electropop-Song „Rectangle“ zu einer Italo-Disco-GedĂ€chtnisnummer.
Welches Urteil Jacno ĂŒber diese Version mit dem Titel „La Passion“ zum Besten gab, lieĂ sich nicht ermitteln. Auf alle FĂ€lle unterstrich D’Agostino nun seine ernsthafteren BemĂŒhungen, mit melodiöseren und zuweilen noch penetranteren Vocal-EinsĂ€tzen, die gerne mehrfach durch den Autotune-Mixer geworfen wurden, sein Revier im House- und DJ-Business zu markieren. Bei „La Passion“ gelang dies vor allem mit einem grenzwertigen Lyrics-Repertoire, das nichts anderes als eine Aneinanderreihung pseudoromantischer, vielmehr jedoch sinnentleerter Nonsens-Textfragmente darstellt. Ein Auszug gefĂ€llig? „Baby, just come to me, now, we can do it right. Holding each other tight. Now, we can make it right, I promise you delight, waiting until day light.“ Das Reimemonster ist bei dieser Produktion offenbar besonders beharrlich zugegen gewesen.
Aber nicht nur dieses Geschöpf liefert monotone Eintönigkeit, auch das Musikvideo feiert die visuelle Dauerschleife als das wesentliche Moment von Song und Produzent: Jener stiehlt zu Anfang wie auch zu Ende in einem Musikladen eine CD (gar seine eigene?), seine Perspektive in der ErzĂ€hlung geht auf die nĂ€chste Person ĂŒber, bis sie final wieder bei ihm landet. DafĂŒr dass D’Agostino hĂ€ufiger mal als relativ öffentlichkeitsscheu beschrieben wurde, lieĂ er sich in jenem Clip dennoch verdĂ€chtig hĂ€ufig und prominent ablichten.
Die sechste Auskopplung aus seinem Album „L’amour Toujours“ wurde nicht in Italien veröffentlicht, dafĂŒr jedoch zu einem riesigen Hit in der Schweiz (Platz 1!) sowie in Deutschland, wo es sich der Mitte 30jĂ€hrige hinter dem blökenden Big-Brother-Witz Christian und dessen „Es ist geil ein Arschloch zu sein“ Ende 2000 auf Platz 2 gemĂŒtlich machen durfte. Knapp ein Jahr spĂ€ter gelang dem Italiener mit der achten (!) Auskopplung, dem Titeltrack, noch einmal ein Wurf in den Charts, danach zog er sich wieder hinter die Mixer zurĂŒck.
Und Jacno? Der französische Punkveteran brachte 2006 nochmal ein Album („Tant De Temps“) heraus, bevor er drei Jahr spĂ€ter im Alter von 52 Jahren an den Folgen eines Krebsleidens verstarb.
Aktuell: Gigi D’Agostino treibt sich noch gerne in diversen Clubs Italiens herum, und war zuletzt 2018 mit „In My Mind“ als Feature von DJ Dynoro ĂŒberraschend der Jahreshit.
Urteil: Fader und ziemlich anstrengender Midtempo-Italodisco-Braten, dessen Hookline zwar nicht ganz ohne Reiz ist, welcher aber dafĂŒr nach kurzer Zeit zu akutem Langeweilebefall fĂŒhrt.
Jan
https://www.youtube.com/watch?v=dn4kkmko1_8