WOHLFÜHL-KLAMOTTE IN DEUTSCH
Vom Gärtner zum Schlagerstar zurück zum Gärtner – eine rasante wie gleichermaßen kräftezehrende Karriere war das, die Gerd Böttcher seit den 60er Jahren an den Tag legte. Nach dem Abschluss seiner Gärtnerlehre schaffte er es bald auf die Schlagerbühnen dieser Welt, er nahm an Festivals teil, trat in Fernsehshows auf und war ein gefragter Duettpartner (vor allem von Detlef Engel). Doch „Geld wie Heu“ kann so schnell verschwinden, wie man jenes angehäuft hat: Ab Mitte der 60er Jahre ließ der Erfolg nach, er verschwand weitestgehend von der Bildfläche und scheiterte zudem auch mit diversen Comeback-Versuchen. Dabei lief es zwischendurch extrem gut für den gebürtigen Berliner.
Seine Popularität verdankte er vor allem einer bestimmten Erfolgsstrategie: Zeitgenössische Lieder neu aufbereiten. Zunächst adaptierte er mehrere Songs von Elvis Presley, bis er später sein Repertoire auf alle möglichen US-amerikanischen Hits von Chubby Checker, Ricky Nelson oder The Everly Brothers ausweitete. Obgleich der Englisch-Unterricht in den Grundschulen des Landes auch zu Zeiten Adenauers bereits nicht unüblich war, verlangte man hierzulande stets nach deutschsprachigen Aufgüssen, die sich stilistisch möglichst nah am Original bewegten. Ein Beleg gefällig? Hier Pat Boone mit „Johnny Will“, dort der Berliner Schlagersänger mit „Geld wie Heu“. In der englischen Variante wähnt sich der Interpret noch seiner Geliebten sicher, bis ihm ein gewisser Johnny dank Charme und Kapital einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht und ihn gehörig unter Druck setzt, bei Böttcher ist Susi die Angehimmelte, welcher zunächst nur ein finanzielles Interesse an Männern unterstellt wird, bis sich dies schließlich – Gottseidank! – als Irrtum herausstellt. Alles ganz anders, Happy End, das wär ja auch zu schrecklich für ein Songfinale gewesen!
Der heiter-witzige Unterton, der bei Pat Boone noch herauszuhören war, wurde bei Böttcher durch eine reine anspruchslose Wohlfühl-Klamotte ersetzt. Aber er war schließlich auch ein Schlagersänger, ein Cover-Interpret vor allem, und letztlich, vor allem wegen seines glockenklaren Timbres, durchaus kein schlechter. Aber irgendwann war seine Zeit dann doch vorbei, und das Schicksal verlangte ihm einiges ab: Steuerrückzahlungen, Alkoholismus und eine kostspielige Scheidung waren die Folge des öffentlichen Desinteresses an seiner Person. Die Rückkehr in den Gärtnerjob und einige wenige Auftritte in den 80er Jahren ermöglichten Böttcher ein mühsames Überleben. Aber die Zeiten, in denen er „Geld wie Heu“ verdiente, lagen da schon einige Jahrzehnte zurück…
Urteil: Ein flottes Stück, das als lupenreine Kopie des Pat Boone-Originals durchgeht und dessen Witz nicht hinüber gerettet wurde. Aber wenngleich es kein Happy End für Gerd Böttcher, immerhin einen der bekanntesten Vertreter des sogenannten Highschool-Rock´n´Roll gab, schenkt dieser uns zumindest eines mit „Geld wie Heu“. 5 von 10 Punkten.
Jan