Bushido – Alles wird gut

Album:
Zeiten ändern Dich
Höchste Platzierung: 
10
Erscheinungsjahr:
 2010
Albumcover:
Musikvideo:

MAINSTREAMIGE KUSCHELROCK-EPIK

„Wie du in deinem Bett sitzt, halbnackt du Dreckstück, ich wusste, dass du so bist und jeden Dreck fickst, weil du eine Frau bist und man dir in den Bauch fickt, heißt es nicht, dass ich dich nicht schlage, bis du blau bist.“ („Dreckstück“, 2003, indiziert).

Das war 2003. 6 Jahre später, wir zitieren erneut: „Ich bin wie du und du wie ich, es gibt eine Hand voll wie wir, denn morgen ist ein neuer Tag. Hör auf dein Herz und versuchs, aber glaub mir, alles wird gut.“ („Alles wird gut“, 2009, freigegeben ab 0 Jahre).

Wo sind sie hin, die großen Polarisierer, die Provokateure, die Grenzgänger der Medien-Öffentlichkeit? Was haben wir aus ihnen gemacht? Wieso entschuldigt sich Sido kleinlaut bei den österreichischen Zuschauern für seine harmlose Prügelattacke auf einen Journalisten? Warum langweilt uns der ehemalige Adrenalinjunkie Oliver Kahn mit lahmen Fussball-Kommentaren? Wieso ist es inzwischen völlig egal, wo und ob Harald Schmidt noch eine Show hat? Und warum in Gottes Namen baut Bushido in der Berliner Bürgertumshospiz Kleinmachnow eine Villa, um seinen vorzeitigen Ruhestand zu genießen? Es sind diese seltsamen Wandlungen von ehemaligen einflussreichen Knalltüten der Jugendkultur wie Mr. Ferchichi alias Bushido, die uns irgendwann die Trostlosigkeit des Mainstreams vor Augen führen. Und am Ende heißt es dann nur noch „Alles wird gut“? Das war´s?

Das Buch, der Film, der Soundtrack: Bushidos „Abschlussklausuren“, die mit dem Film „Zeiten ändern dich“ einen eher unrühmlichen Höhepunkt zur Folge hatten, offenbart zugleich das ganze Dilemma deutscher Hip Hop-Kultur in Reinform: Am Ende obsiegt das dröge Abziehbild eines Büßenden und Geläuterten, der nur noch als C-Promi die roten Teppiche betritt, und all das wird in Songs wie „Alles wird gut“ nur allzu spürbar. Dieser ist nämlich keineswegs ein schlechter: Ein wütend-stampfender Grundbeat, eine Akkordfolge mit hohem Wiedererkennungswert, souveräne Rhymes. Bushido wäre nicht groß geworden, hätte er nicht rücksichtslos und glaubwürdig – Homophobie, Frauenfeindlichkeit etc. in seinen Texten hin oder her – die soziale Anklage in einer schonungslosen Sprache zum Thema im deutschen Rap gemacht und damit vielen gesellschaftlich benachteiligten Heranwachsenden eine wichtige Stimme verliehen.

Aber ja, „Zeiten ändern dich“ und der Hip Hop ändert sich ebenfalls, und deshalb ist auch vieles an „Alles wird gut“ nicht schlecht – doch der Text – dieses Motivationsgehabe, das so dröge vorgetragene „zeig es ihnen, zeig es allen, keiner hält dich mehr auf“ – erinnert nunmehr eher an Xavier Naidoo´s Kuschelrock-Epik als an den einstigen Skandalrapper Bushido.

Was soll´s, Kleinmachnow ist sicher auch ganz nett, als altersmilde Hip Hopper auf dem Weg zum DSDS-Jurystuhl neben Dieter Bohlen. Richtig, alles wird gut.

Urteil: Kurz gesagt: Krimineller hat er mir besser gefallen. Vom Bordstein zur Skyline ist es halt ein wirklich weiter Weg – da will man schließlich auch ein bisschen länger die Aussicht genießen. „Alles wird gut“ wurde sinnbildlich auf der Dachterrasse geschrieben. 5 von 10 Punkten.

Jan

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