2 Unlimited – No Limit

Album:
No Limits
Höchste Platzierung: 
2
Erscheinungsjahr:
 1993
Albumcover:
Musikvideo:
FLIPPERMUSIK MIT DEM VORSCHLAGHAMMER

Alles ist friedlich. Sphärische Klänge von Vangelis oder Jean-Michel Jarre umspülen die Gehörgänge. Das Gefühl zu schweben überkommt einen, man lehnt sich zurück und lässt den Gedanken freien Lauf. Der Körper wird ganz leicht, losgelöst von allen Belastungen, eine Ahnung von Freiheit, so tiefenentspannt… und dann das: Flipperautomat! Stampfender Beat! Brachiale Technobässe! „Lemme hear ya say yeah“!

Ja, Scheiße is, Alter, nix mit chillig zurücklehnen und „More Than Words“ oder „Because I Love You“, hallo, wir haben 1993 und der Dancefloor schüttelt uns jetzt fortan die Piercings aus der Nase und die Buffalos von den Füßen! Naja, siehste mal, haben uns doch die beiden niederländischen Duracellhasen Ray und Anita vorgemacht: Er mit chronischen Zuckungen in einem schwarzen Neoptren-Mantel ohne Unterhemd, dem seine riesige Halskette fast die Nase wegschlägt, sie dauergewellt in einem Traum von zusammengenageltem Blechoutfit mit Latexärmeln, die wir genauso gut auch im Berliner Sado-Schuppen „Insomnia“ austesten könnten. Modisch? Nee, skurril! Der Techno samt einem ganzen Sack voller WestBams, Marushas und Sven Väths überspülte die deutsche Musiklandschaft, und erschuf Kleidungsstile, deren Überreste wir heute höchstens noch in die Wertstofftonne quetschen würden. Aber damals, 90er? Coool!

2 Unlimited?! Noch cooler! Das wollten sie damals im Schullandheim Steinabad (oder Hobbach in Eschau oder Lindenberg oder bitte hier das entsprechende Kaff im Nirgendwo einsetzen) auf dem Abschlussfest immer wieder hören, ja, diese Flippermusik, diese unnachgiebige Vorschlaghammer-Rhythmik, dermaßen gewaltsam auf Ohrwurm gemacht, so schlicht und auf den Punkt getroffen und so „Tick tick ticka tick take your time, when I’m goin‘ I’m goin‘ for mine“. Man, vergiss die großen Texte,  „Göttliche Komödie“ oder „Prometheus“, 90er-Techno ist „Reach the top, touch the sky!“ statt “Es gibt nicht größern Schmerz, als sich der Zeit des Glückes zu erinnern im Unglück.” Oder so ähnlich. Der letzte ist von Dante.

Da haben uns die beiden hüpfenden Käsemusikanten doch einen solchen Eurodance-Welthit ins Trommelfell gehämmert. Mehr als 560.000 verkaufte Einheiten. Und dann diese riesige Zahl an Remixes, die es von „No Limit“ bereits gibt: Automatic Breakbeat Remix, No Rap Remix Edit, Extended Mix No Rap 2 oder später 2000 der Push’s Trancendental Rmx und Razor & Guido Remix Dub. Geremixte Remixe, die irgendwann auf Dauer keiner mehr ertragen konnte, denn überall heißt es letztlich im Kern und schlichtweg immer wieder: düm, düm, dümdümdümdüm düm düm, dümdümdümdüm düm düm… und so fort.

Das Problem: Der Song ist eigentlich Schrott, das andere Problem ist jedoch: Es ist verflucht nochmal der heißeste, tanzbarste und perfekt produzierteste Tanzschrott, den die 90er je hervorgebracht haben. Und wetten, das funktioniert selbst noch in einer belgischen Vorortskneipe, in der das bereits erwähnte Domina-Pärchen im inzwischen fortgeschrittenen Alter eine Liveband auf die Bühne zerrt und dem armen Bassisten diese tumben Akkordfolgen von „No Limit“ abverlangt? Wir haben schließlich schon die 2010er Jahre, die Menschen sind anspruchsvoller geworden. Oder? Ich sach ma, nach solch einem Konzert erstmal eine Runde Adiemus im Entspannungsbad… Und nun sind wir wieder ruuuhig und entspannt…

Aktuell: Auf Tour, in Originalbesetzung und kein bisschen müde: Man reist weiter durch die westeuropäischen Provinzen und spielt die alten Klassiker. „No Limit“ garantiert erst in der Zugabe. Aber: Es mögen sich doch bitte jene die kritischen Nachfragen und das tosende Gelächter gefallen lassen, die ihren Bekannten gegenüber erklären, sie gingen demnächst tatsächlich zu einem 2 Unlimited-Konzert. Zu einem 2 Unlimited-Konzert! Prust!

Urteil: Schon erwähnt, dass „No Limit“ der heißeste und genialste Schrott der Eurodance-Phase ist? Unerreicht, und im Übrigen mit einem fantastischen Beat. 7 von 10 Punkten.

Jan

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