Datum | 2001 |
höchste Platzierung | 8 |
Album | TP-2.com |
Website | http://essentialquiz.r-kelly.com/ |
GÄHNIGES TESTOSTERONGEBOLZE
17. September 2001, Preussag-Arena, Hannover: Sechs Jahre nach seinem letzten Auftritt in Europa präsentierte sich R. Kelly mal wieder auf einer deutschen Bühne. Die Karten für die Konzert-Tournee hatten sich im Vorfeld gut verkauft, entsprechend hoch waren die Erwartungen an den R’nB-Superstar. Der hatte die vergangenen Tage einiges an Mühsal auf sich genommen, um seine deutschen Fans zu erreichen: Der unter chronischer Flugangst leidende US-Amerikaner war sechs Tage lang mit dem Luxusliner „Queen Elizabeth“ im Atlantik unterwegs gewesen, bevor er schließlich europäisches Festland erreicht hatte. Sicherlich war das auch sonst keine sorgen- und strapazenfreie Unternehmung für den gebürtigen Chicagoer, der noch auf dem Schiff von den Anschlägen auf die Türme des World Trade Centers in New York erfuhr und dennoch keine Verschiebung seines Tourneeauftaktes erwog.
Doch nur zwei Tage später, am 19. September in Köln, musste sich der erfolgsverwöhnte Musiker den Tücken einer biederen und wenig ruhmreichen Infektion geschlagen geben: Nach 45 Minuten auf der Bühne verließ Kelly wortlos die KölnArena, Diagnose: akute Mandelentzündung. Zwei Tage Pause, vom HNO-Arzt persönlich verordnet.
Abgesehen von jenen kleinen unangenehmen „Ausläufern“ lief es Mitte/Ende 2001 ganz ordentlich für den 34-Jährigen: Sein 4. Album „TP-2.com“ verkaufte sich unnachahmlich gut, Platz 1 in den USA inklusive sechs Platin-Schallplatten, Platz 2 in Deutschland. Er war für die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City Anfang 2002 berufen worden, und bei den MOBO Awards gewann Kelly den Outstanding Achievement Award. Nicht zuletzt genoss er die Wertschätzung einiger Kollegen wie dem Hip-Hop-Guru Jay-Z, gemeinsam schmiedete man bereits Pläne für ein Kollaborationsalbum („The Best Of Both Worlds“).
Davor hatten sich beide bereits für die müde Palmenstrand-Latin-Nummer „Fiesta“ zusammengetan und ein bisschen Testosterongebolze in knödligen Rap-Versen verwurstet: „To all my hot girls, livin‘ fiesta. To all my hot boys, livin‘ fiesta. To all my Chi town niggas, fiesta, and all my uptown niggas, fiesta.“ Gähnig uninteressant, aber solider Stoff, der wohl mal wieder wegen einer recht stimmungsvollen und appetitlich anzuschauenden „Abendgarderobe“ der anwesenden Damen zu ertragen ist.
Die „Liebschaft“ zwischen dem dandyhaften Soulsänger aus Chicago und dem rüpligen Milchgesicht aus Brooklyn hatte allerdings bald ein jähes Ende gefunden, die 2004er Tour mit den beiden scheiterte angesichts zweier diametral zugewandter Egos. Allan Mayer, einst verantwortlich für Kellys Management, berichtete: „That these were Jay Z’s people, and for some reason Jay Z was trying to sabotage Rob. I don’t know that, and I don’t believe that, but that’s certainly how Rob felt. The tension on the tour was getting worse and worse, and it was making him crazy.“ (Quelle: Chicago Tribune).
Schade um das zarte Pflänzchen einer Freundschaft, die jäh endete. Doch was geht schon über die Gesundheit: 11 Jahre nach dem vorzeitigen Aus auf der Kölner Konzertbühne hat Kelly sich 2012 erneut mit seinen Mandeln auseinandersetzen müssen – diesmal stationär und im Rahmen einer Operation.
Aktuell: R. Kelly’s letztes Studioalbum heißt „12 Nights Of Christmas“. Heute indes steht er vor den Trümmern seiner Karriere: Herstellung von Kinderpornografie, Verführung einer minderjährigen Person, sexuelle Ausbeutung und Behinderung der Justiz sind die Anklagepunkte.
Urteil: Ein etwas langatmiger und allzu antriebsloses R’n’B-Liedchen, das mit seiner Mischung aus Santana und P. Diddy dem Genre keine neuen Impulse verleiht.
Jan