Datum | 2012 |
höchste Platzierung | 10 |
Album | Wild Ones |
Website | http://www.officialflo.com/ |
ZUSAMMENGESCHUSTERTES DANCEPOPGENUDEL
„Mensch Flo Rida, du bist ja ein 1a Rollschuhfahrer, damit könntest du jede Rollerdisko problemlos aufmischen! Aber Flo hat natürlich Besseres im Sinn: Mit voll Karacho die Strandpromenade runter.“ (Quelle: flo-rida.de) Manchmal ist es schon etwas befremdlich, was der Leser gemeinhin auf den Künstler-Webseiten zu lesen bekommt – zumal in diesem Fall auf dem deutschen „Ableger“ und mit freundlicher Unterstützung von Warner Music. Aber sehr viel anderes darf man wohl nicht erwarten, wenn man sich in die Fankreise des amerikanischen Hip Hop-Künstlers Flo Rida begibt,
Vielleicht wollte sich Tramar Dillard zur Abwechslung mal nicht nur das profane Image eines erfolgreichen, jedoch gemeinhin anspruchslosen Dancerappers und Partyproleten ans Revers heften, sondern mit seinen begrenzten Mitteln auch so etwas wie gesellschaftspolitische Relevanz an den Tag legen. Beispielhaft sind jene Lyrics, die kunstvoll traurige Ereignisse der jüngsten Vergangenheit in anbiedernde Verse zusammenpappen: „My heart to Japan quake losers and survivors, Norway, no, you didn’t get my flowers. No way to sound better, but the killer was a coward. Face just showers, the minute in a hour. Heard about the news all day went sour.“ Der Rest handelt angeblich von der Aufarbeitung seiner Kindheit und Jugend in Carol City.
Interessanter als dieses zu einem mittelmäßigen Partyhit zusammengeschusterten Dancepopgenudel mit konfusen Textornamenten ist wohl vielmehr das Original, auf welchem das Sample beruht. Das hingebungsvolle „Piano In The Dark“ wurde 1988 der größte Hit für die Singer-Songwriterin Brenda Russell, die mit dem Album „Get Here“ ihren Karrierehöhepunkt feierte.
2011 warfen die House-Partisanen von den Bingo Players den Song in den Mixer und verquirlten die einstige Ballade zu einer stampfigen Ibiza-Nummer, die Flo Rida nur, sagen wir mal, sehr dezent für seine cluborientierten Zwecke abänderte. Auch den schwungvoll hochgepitchten Gesang von Russell übernahm der US-Amerikaner eins zu eins. Platz 1 in Finnland und Norwegen, dreimal Platin in Australien, zweimal Platin in Kanada sowie souveräne Top 10-Platzierungen in Deutschland, England und den USA erbrachten allerdings den offensichtlichen Beweis, dass auch mit drögen Kopien von mageren Kopien des gelungenen Originals noch ordentliche Umsatzzahlen über die Downloadstationen Amazon und iTunes zu erzielen sind.
Vielleicht lag es auch am glücklichen Händchen des französischen Produzentenduos SoFly and Nius, das bereits Justin Bieber, Enrique Iglesias und Pitbull unter seinen Fittichen hatte und für Flo Rida´s „Wild Ones“ immerhin sogar mit einer Grammynominierung bedacht wurde. Oder lag es am Ende doch an den zahlreichen Fans, die solche Blogger wie jenen hervorbrachten, der auf der deutschen Flo Rida-Homepage solch schneidige Sätze wie diesen zu „I Cry“ zum Besten gab: „‚This is the story of my struggle. What is yours?'“ fragt der Rapper zu Beginn des Songs, der Flo Rida von seiner nachdenklichen und nostalgischen Seite zeigt.“ Bitte?! „Aber keine Sorge: Der Track ist natürlich trotzdem absolut tanzbar!“
Ein Glück…
Aktuell: Um Flo Rida wurde es in den vergangenen Jahren recht still. Oder seine Songs sind nicht mehr so gefragt? Aktuell auf dem Markt: „Snack“ mit E-40 und Sage The Gemini
Urteil: Ein Clubwalzer von der Stange, mit einem fantasielos verarbeiteten Sample, der in der Werksammlung des Rappers zu den besonders unauffälligen Beiträgen gehört.
Jan