Datum 1968
höchste Platzierung 5
Album
Website http://www.udojuergens.de

UNAMBITIONIERT AUFBEREITETES TRADITIONAL

Der Song „Cotton Fields“ hat wahrlich schon eine längere Historie hinter sich. Geschrieben und komponiert wurde er ursprünglich vom amerikanischen Bluessänger Lead Belly im Jahr 1940, später präsentierte Harry Belafonte eine Live-Version davon auf seinem Album „Belafonte at Carnegie Hall“. Mitte der 60er Jahre reihte sich die Folkkoryphäe Odetta in die Riege der Interpreten ein. Sowohl Creedence Clearwater Revival als auch die Beach Boys folgten 1968/1969, beide Versionen waren deutlich country-orientierter als die früheren Produktionen. So plante auch der Mitte 30jährige Klagenfurter Udo Jürgens, dessen Karriere in jenen Jahren ordentlich Fahrt aufnehmen sollte, eine deutsche Variante auf den Markt zu werfen. Englischsprachige Veröffentlichungen war man von Jürgens absolut nicht gewohnt, selbst auf den Elvis-Klassiker „Kiss Me Quick“ stülpte er 1963 einen deutschen Text und landete damit sein Debüt in den deutschen Top 10. Später, genauer 1981, sollte er mit „Leave A Little Love“ erstmals eine Platte mit Liedern, ausnahmslos auf englisch gesungen, herausbringen und damit erfolgreich den Angriff auf den internationalen Markt riskieren. In den über 20 Jahren Musiker-Laufbahn zuvor galt aber „Cottonfields“ als etwas befremdlich wirkende Ausnahme – und selbst Fans des Altmeisters werden heute noch Mühe haben, sich diesen Song ins Gedächtnis zu rufen.

Zu allererst wird man, hinsichtlich des Textes, auf einen schweren Irrtum stoßen: „It was down in Louisiana, just a mile from Texarkana, in them there ol cotton fields at home“ heißt es im Refrain, und das – so klären die englische Wikipedia sowie ein Blick auf die Landkarte auf – ist weitestgehend falsch: Texarkana ist von der Grenze Louisianas knapp 30 Meilen entfernt, nicht eine Meile wie hier beschrieben. Abgesehen von der Frage, was Jürgens zu einem Cover dieses uramerikanischen Blues-Countryrock-Klassikers bewegte, lässt sich jedoch feststellen, dass er diesem nicht viel Neues hinzuzufügen hat: Sein wildes Klavierspiel, das Orchestrale und der sonst mit viel Pathos geschwungene Gesang fehlen hier, stattdessen gibt es ein seichtes Mitmach-Nümmerchen für das abendliche Saloon-Gelage im Templiner El Dorado. Ein typischer Udo Jürgens ist das irgendwie nicht.

Dennoch reichte es für das wiederaufgewärmte Traditional 1968 für einen soliden 5. Platz in den Single-Charts, bevor sich „Mathilda“ als humorig-kurzweiliger Nachfolger nur wenige Wochen später wieder in das Schlager-Oeuvre des Österreichers nahtlos einfügte. Auf dem 1995er Sampler „Die großen Erfolge“ ist „Cottonfields“ noch zu finden – auf den zahlreichen weiteren Best Of´s und Greatest Hits-Alben danach sucht man den Song jedoch vergeblich.

Aktuell: Am 21. Dezember 2014 verstarb Udo Jürgens in seiner Schweizer Heimat während eines Spaziergangs an einem Herzinfarkt.

Urteil: Damit war Udo garantiert unterfordert – ein etwas müde und unambitioniert wirkendes Coverstück, das bei weitem nicht an die großen Evergreens in dieser Zeit heranreicht.

Jan

 

Udo Jürgens – Cottonfields
Markiert in:                             

2 Gedanken zu „Udo Jürgens – Cottonfields

  • Von seiner Stimme her hätte er auch als Country Sänger durchgehen können. Das war zu der Zeit noch nicht möglich, seine Brötchen damit zu verdienen. Wasser und Brot schon, Luxus und ein schönes Leben wohl nicht.
    Trotzdem gefallen mir solche künstlerischen Ausflüge.

Schreibe einen Kommentar zu Songbrief Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert