Datum 1972
höchste Platzierung 1
Album
Website http://www.thesweet.com

ROCK-HYMNISCHER AUFTAKT IN DIE UNABHĂ„NGIGKEIT

Endlich mal was Eigenes liefern, nicht nur die zusammengeschriebenen Vorlagen vom australischen Songproduzenten Mike Chapman und seinem britischen Kollegen Nicky Chinn erfolgreich verwerten. Und nun war endlich die Gelegenheit fĂĽr The Sweet gekommen – weg von dem Bubblegum-Glam hin zu robustem Rock, mit dem sich ordentliche Skandale auf die BĂĽhne bringen lassen. Bei ihrer ersten Europatournee, die sie 1972 antraten, lieĂźen sie dann auch offensichtlich keinen einzigen aus. Aber dazu später.

Es lief prächtig fĂĽr die Jungs um Sänger Brian Connolly. Gerade hatten sie mit „Little Willy“ ihren ersten Nr. 1-Erfolg in Deutschland, in den USA schafften sie mit dem Song einen sensationellen 3. Platz inklusive Goldener Schallplatte. Als nächstes brachten sie „Wig-Wam Bam“ in die Läden, und wieder reagierten vor allem die deutschen Fans geradezu reflexartig mit dem Kauf der Single: Von Ende Oktober bis Jahresende 1972 verbrachte die Nummer an der Spitze der Hitparade. 5 Top 10-Hits, 2 Platz 1-Hits nach gerade einmal gut zwei Jahren unter ihrem neuen Namen The Sweet, vier Jahre nach der GrĂĽndung als Sweet Shop – kaum eine Glamrock-Band dieser Jahre verzeichnete einen derartig steilen Aufstieg innerhalb solch kurzer Zeit. „Wig-Wam Bam“ war allerdings nochmal ein gewisser Meilenstein, immerhin durften die vier Bandmitglieder all ihre Instrumente komplett selbst einspielen, und der Sound gab die Richtung vor, in die sie nun fortan vordringen wollten: Progressive kreischende Rockhymnen, die Stadien zum Beben bringen konnten. Damit waren ihnen Hits in Serie garantiert, und in den nächsten Jahren ging der Goldene Otto der Zeitschrift „BRAVO“ regelmäßig an die Briten.

Dass Songs wie „Wig-Wam Bam“ herzlich unoriginell waren, dazu mit teils dadaistisch wirkenden Strophen wie „Running bear never cared enough. About little white dove and her tender love“ (Anspielungen auf Big Bopper´s Song „Running Bear“) wenig Hochkultur aufboten – geschenkt: The Sweet waren musikalisch bei sich angekommen. Und ihr Image als metrosexuelle Glam-Pöbler lieĂź sich nun systematisch ausbauen, nicht nur mittels der IndianerkostĂĽme, die sie regelmäßig zu „Wig-Wam Bam“ trugen:  Dreizehnjährige Groupies, die die KonzertbĂĽhne in Belgien stĂĽrmten, als Connolly während eines Konzerts mit dem Mikrofonständer anbandelte, brachte die Band eine Woche lang ins Gefängnis, diverse andere willige junge Mädchen zogen gerne mal vorĂĽbergehend in den Tourbus ein und Rauschgift gehörte eh zum ĂĽblichen Grundkonsum der Exzentriker wie bei anderen der morgendliche Filterkaffee zum FrĂĽhstĂĽck.

In den 70er Jahren hatte das Wort Skandal eben noch seine echte Rechtfertigung.

Aktuell: Übrig geblieben von der Band, die immer noch offiziell existiert, ist tatsächlich nur noch Andy Scott. Während die anderen aus dem Leben schieden (Connolly, Tucker) oder ausstiegen (Priest), schrammelt der Brite weiter auf seiner Gitarre. 2019 geht es auf Tour nach Deutschland.

Urteil: Aufdringlicher Mitsinghit, der sich mit schlichten Akkorden und einem sehr ohrwurmartigen Refrain in die Gehörwindungen arbeitet.

Jan

The Sweet – Wig-Wam Bam
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