Datum 1987
höchste Platzierung 7
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SCHWĂśLSTIGER MAGERQUARKGESANG

Ausgabe 1/1987: „Mino: Pierre Cosso stirbt am 2. Weihnachtstag!“. Ausgabe 2/1987: „Alles ĂĽber Mino“. Ausgabe 3/1987: „Mino: Autogrammkarte und 14 Sticker.“ Wer ist eigentlich dieser Mino? Es war der Hauptdarsteller einer ĂĽbel holzschnittartig zusammengeschusterten Weihnachtsserie im ZDF. Doch es ging gar nicht um den Schauspieler Guido Cella, sondern um den Darsteller der Nebenfigur Rico. Dem größten Superstar, den die BRAVO seit langem ausgegraben hatte. Wiederum nur eine Ausgabe (4/1987) darauf ging es gnadenlos weiter mit der bedingungslosen Huldigung: „Pierre Cosso Superplakat“. „Pierre Cosso Staralbum“. „Pierre Cosso: 2 Autogramm Plakate“. Und natĂĽrlich: „Pierre Cosso: ganz privat“.

Spätestens nach der nunmehr 20. BRAVO-Ausgabe in Folge mit dem französischen Schönling auf der Titelseite war klar: An dem Schauspieler und Sänger fĂĽhrte in den Jahren 1986 und 1987 kein Weg vorbei. Allenfalls „Miami-Vice“-Athlet Don Johnson konnte dem Ende 20jährigen hin und wieder das Zepter des ultimativen Frauenschwarms und Sexsymbols aus den Händen reiĂźen. Allerdings auch nur, wenn es um die Größe der Starschnitt-Poster ging. Ansonsten jedoch sollte der Hype um Cosso kein Ende mehr nehmen, als die ARD die Mini-Liebesdramaserie „Cinderella ’87“ ab Februar 1987 an vier Sonntag Abenden ausstrahlte. Reichlich spät, schlieĂźlich war der Neo-Aschenputtel-Spielfilm in Ăśberlänge (140 Minuten) bereits schon 1984 in Italien erschienen, wurde aber von den deutschen TV-Sendern erstmal ignoriert. Nach der Ausstrahlung landete Cossos Duett mit „Cindy Cardone“ alias Cinderella alias Bonnie Bianco und dem Titel „Stay“ auf Platz 1 der deutschen Charts.

Cosso war nicht unbedingt als groĂźer Sänger bekannt und auch ein vergessener Song mit dem Titel „Windsurf“ deutete nicht wirklich auf eine groĂźe Hitparadenlaufbahn hin. Doch nachdem er – nach eigener Aussage – ohne TrockenĂĽbungen und Gesangslehrer das Lied „Stay“ innerhalb von 30 Minuten eingesungen hatte, schien ein Nachfolgehit im Zuge der „Cinderella“-Euphorie in Westdeutschland nur noch Formsache. Seine Filmpartnerin Bonnie Bianco, die nach den gemeinsamen Dreharbeiten ordentlich vom Leder zog und ihm gelegentliche GewaltausbrĂĽche am Set unterstellte sowie jedes Talent als Sänger absprach, ging nahezu zeitgleich mit der eigenen Solosingle an den Start. „Face Your Life“ von Cosso (höchster Platz 7) obsiegte gegen Biancos „Miss You So“ (Platz 9).

Verdient? Auf alle Fälle säuselt der Don Quichotte der Popmagazinabonnenten lapidare Mutmach-Zeilen wie „You’ve got to face your life start all over again. Face your life when you’re out on the edge“ nicht gerade mit einer umwerfenden Inbrunst daher. Die ganze Ballade wirkt wie in Zuckerwatte eingebettet, liefert allenfalls solide Melodienverliebtheit ohne jede tiefgrĂĽndigere Impulse. Wurde schon Cossos schwĂĽlstiger Magerquarkgesang erwähnt?

Ein Song schaffte es in die Charts: „Gotta Give Up“ (Platz 62). Danach befolgte er bald selbst jenen Rat…

Aktuell: Eben noch Schauspieler in diversen Pubertätsproduktionen, jetzt schon als Skipper in Polynesien unterwegs. Es heißt jedoch, er wolle allmählich ins Showgeschäft zurückkehren.

Urteil: Ein insgesamt weitestgehend irrelevanter Nachfolgesong des Bianco/Cosso-Hits „Stay“. Zu weichgespĂĽlt, zu bieder, zu brav.

Jan

Pierre Cosso – Face Your Life
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