Datum 1990
höchste Platzierung 4
Album Bonafide
Website http://maxipriest.com/

KUSCHELWEICHES REGGAE-DERIVAT

Levisham liegt im sĂĽdlichen London und hat durchaus einige prominente Namen aufzuweisen, groĂźe Musiker und Schauspieler, die in diesem Stadtteil das Licht der Welt erblickten: Natasha Bedingfield, Kate Bush, Jude Law und Ginger Baker gehören beispielsweise dazu. Aber auch Max Alfred Elliott alias Maxi Priest wurde hier geboren, als jĂĽngstes von insgesamt neun Kindern. Seine Wurzeln liegen in Jamaica, die Eltern zogen in den 50er Jahren nach GroĂźbritannien, wie so viele vor ihnen mit der Hoffnung auf eine bessere Existenz. Marvin Gaye, Dennis Brown, Gregory Isaacs, das waren seine Vorbilder. Maxi Priest wollte in ihre FuĂźstapfen treten – und ihm gelang es: aus London in die Welt.

Doch der Anfang war zäh, seine ersten Alben floppten. 1988 kam „Maxi“ heraus, und damit verschaffte sich der Ende 20-Jährige erstmals auch jenseits des Atlantiks Gehör. Die Single „Some Guys Have All The Luck“ verpasste nur knapp die britischen Top 10, „Wild World“ erreichte schlieĂźlich Platz 5. Priest war in der Bel Étage der Reggaepop-Musiker aufgestiegen, die mit Dreadlocks und sonnig-sommerlichen Musikvideos den jamaikanischen Tourismusbehörden viel Arbeit abzunehmen verstanden. Dass sein 1990er Ăśberhit „Close To You“ mehr europäisch gefärbtes R&B als typisch karibische Reggaemusik „verkörperte“, war fĂĽr seine Fans wohl kaum ein groĂźes Problem.

StĂĽck Nummer 2 auf dem Album „Bonafide“ taugt auf unnachahmliche Weise als Radiohit: Rhythmisch-flieĂźend und angenehm behaglich setzt zunächst der Drumpart ein, dann liefert Priest eine pointiert vorgetragene Mixtur aus gerappt-gesungenen Strophen sowie eingängigen Refrains, die Konventionelles aus dem Regal der lyrischen Fertiggerichte zum Thema Liebespoesie bereithalten: „I just wanna be close to you and do all the things you want me to. I just wanna be close to you and show you the way I feel.“ Abseits des eher durchschnittlichen Textes waren andere Faktoren ausschlaggebend fĂĽr den nachhaltigen Erfolg des Songs: zum Beispiel die dezente, wenngleich kaum unĂĽberhörbare „Stilistik“ des Produzententeams von Soul II Soul, das sich in der Entstehungsphase recht eingehend mit dem Priest-Album „Bonafide“ auseinandergesetzt hatte. Der Beat von „Close To You“ findet sich in abgewandelter Form im 80er-Jahre Eastcoast-Hip-Hop-Klassiker „Paid In Full“ von Erik B. & Rakim wieder.

Und nicht zuletzt trug der „Celloman“ schlechthin, Ivan Hussey, dazu bei, dass man das StĂĽck nachhaltig im Ohr behält – immerhin profitierten auch Gabrielle („Dreams“) sowie Take That („Babe“) von dessen Expertise. Soviel Erfolgskomponenten auf einmal mussten geradezu Unmögliches ermöglichen: Maxi Priest schaffte es als einziger britischer Solo-Reggae-Musiker auf Platz 1 der amerikanischen Billboard-Charts. Welch ein Triumph fĂĽr einen gebĂĽrtigen Levishamer, der sich den Londoner Stadtteil mit so vielen anderen Superstars teilen musste…

Aktuell: 2019 brachte Priest eine Colab-Single mit Shaggy heraus: „I’m Alright“. Und im September ist er in Puerto Rico zu bestaunen.

Urteil: Die perfekte Fusion europäischen Soundhandwerks mit südlicher Lebensart: Ein Song so kuschelweich wie Lenor, der auch in Heavy-Rotation-Wiederholungen noch erträglich bliebe.

Jan

Maxi Priest – Close To You
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