Datum 1988
höchste Platzierung 5
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BLUTARME BRITISCHE ACID-EXKLAVE

Wer sich eingehender mit der Geschichte der House-Musik auseinandersetzt, wird an einer Vielzahl US-amerikanischer Metropolen kaum vorbeikommen. Chicago beispielsweise, New York und Detroit wären hier zu nennen. Eine Vielzahl von musikalischen Strömungen in der elektronischen Tanzmusik gingen von hier aus: Garagehouse, Deep House, später die Anfänge des Techno, der – anfangs noch vornehmlich in den Detroiter Clubs angesagt – mit Beginn der 90er Jahre den europäischen Musikmarkt ĂĽberschwemmte. 1987 jedoch wagte ein britisches Projekt die Alleinherrschaft der Amerikaner zu unterwandern und selbst an der Bewegung der House-Musik mitzuwirken. Ihre Spezialität: Acid-House. Die Beteiligten: Marc Gamble, Cassius Campbell, Mark Brydon und Robert Gordon. Der Projektname: Krush.

Das technische Prinzip des Samplings war zwar schon seit der EinfĂĽhrung des Mellotrons 1963 nicht mehr wirklich unbekannt, die Anwendung in der Popmusik jedoch galt als neu. Zu echten Pionieren in diesem Gebiet gehörten  M|A|R|R|S mit ihrem Hit „Pump Up The Volume“ (1987) – kein Zufall sicherlich, dass dieses Produzententeam bereits aus GroĂźbritannien stammte. Krush kamen mit ihrem eigenen House-Hit „House Arrest“ nur kurze Zeit später in die Charts. „I know you gonna dig this“ lautet das Zitatschnipsel von Richard Pryor, der unter anderem in den Kinofilmen „Harlem Nights“ und „Lost Highway“ zu sehen war – nun wurde seine Aussage mit trippelnden Beats und dem gluckernden Bass des Minimoog-Synthesizers unterlegt. Den Refrain singt die Britin Ruth Joy, die letztlich nichts anderes zum Besten gibt als die Kernaussage des Liedes, dass der Angesprochene ihr nicht folgen sollte, wenn er die groĂźe Liebe erhofft, denn: „We’ve got this house under arrest. Yeah, hey, don’t follow me!“ Joy hatte ĂĽbrigens am Text mitgeschrieben.

Wahrscheinlich war man Ende der 80er Jahre bei den Songs von Bomb The Bass, Phuture und A Guy Called Gerald besser aufgehoben als bei dieser etwas blutarmen Tanznummer, die sich hinsichtlich der Scratch- und Looptechnik eher zurĂĽckhaltend verhält und den Fokus stärker auf Joys Gesangsparts legt. Andererseits tut gerade dieser Tatbestand „House Arrest“ wiederum recht gut und werden somit ohrenbetäubende Ecstasy-Parties am Plattenteller und ungezähmte Samplingkanonaden verhindert, wie diese beispielsweise von Tolga Balkan („The Best Of Joint Mix“) im selben Jahr, 1988, dargeboten wurden.

Das größte Problem, den dieser Song allerdings hat, ist letztlich eh das Musikvideo: So unbeholfen und schräg hat wohl selten eine Sängerin ihre Tanzeinlagen vorgefĂĽhrt…

Aktuell: Krush kehrten 1992 nochmal zurĂĽck mit „Walking On Sunshine“. Danach verschwand das Projekt im Nirvana wie der Acid House in den Billardkellern der britischen Musik-Produzentenszene.

Urteil: Wenig fesselnder, dennoch angenehm zurückhaltender wie genre-exemplarischer Clubhit, der eher eine schonende Lightvariante der Housebewegung Ende der 80er repräsentiert.

Jan

Krush – House Arrest
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