Datum 1984
höchste Platzierung 5
Album Schweißperlen
Website http://www.klauslage.de

ROBUSTER ECKKNEIPENCHARME

„Ich werde oft gefragt, ob ich nicht müde werde, dieses Lied zu singen. Nein!“ Das war dann wohl ein eindeutiges Statement des niedersächsischen Liedermachers Klaus Lage zu seinem größten Hit, wie man dem General Anzeiger Bonn Ende 2013 entnehmen konnte. Warum sollte er auch mit „1000 und 1 Nacht“ aufhören – es war schließlich der Durchbruch des ausgebildeten Großhandelskaufmanns, der mit seiner Band (Gregor Schaetz, Ralph Billmann, Axel Crémer und Martin Crémer) 1984 die Charts enterte. Nachdem das 1983er Album „Stadtstreicher“ bereits ordentliche Verkaufserfolge feierte, überließ man ein Jahr später für „Schweißperlen“ nichts mehr dem Zufall: Als Produzent fungierte Wolf Maahn, Sänger und Schauspieler, und als Texter Dieter Dehm, der einst gefragter Songwriter war und heute als Abgeordneter für die Linken im Bundestag sitzt.

Ein wenig kurios war es schon, den 34-Jährigen Lage im Juli 1984 in den deutschen Top 10 zu entdecken: Inmitten von jungen, anonym wirkenden Plastikgesichtern der 80er-Poprock-Ära, zwischen Real Life, Ultravox und Alphaville, tauchte ein vollbärtiges, etwas dickliches Vollmondgesicht auf, das einst als Erzieher und Sozialarbeiter in Berlin gearbeitet hatte und nun auf einmal zu den angesagtesten Liedermachern und Rockinterpreten gehörte. Auf seiner Webseite liest sich das freilich noch etwas prononcierter: „Klaus Lage war mit einem Schlag etabliert, und das, obwohl er mit seinem ungekünstelten Naturell nicht zu den damals angesagten, neudeutsch gewellten Kunstfiguren passen wollte. Sein handgemachter Rocktraditionalismus war vom Casiogebimmel der NDW-Generation weit entfernt, aber wahre Qualität setzt sich nun mal durch.“ (Quelle: Webseite) Nun, das hätte man vielleicht auch etwas weniger diskreditierend gegenüber den Gesangskollegen formulieren können, dennoch: Sein dröhnend-rauhes Organ, die schnoddrig-zweideutigen Texte und mitgröhl-affinen Refrains waren bestens stadiontauglich – und das war wohl auch die Rezeptur, um einem Song wie „1000 und 1 Nacht“ zum Erfolg zu verhelfen.

Und so wird hier der Titel für eine Sammlung morgenländischer Kurzgeschichten kurzerhand zum Fetenhit-Slogan umgedeutet, das im Wesentlichen die knisternden Irritationen frühpubertärer Liebeserfahrungen zusammenfasst: „Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. Tausend und eine Nacht, und es hat Zoom gemacht.“ Diese wuchtigen Zeilen trafen nicht nur den Nerv der Zeit und jenen einer Generation, die ihre Aufklärungsinhalte noch immer hauptsächlich aus Jugendzeitschriften wie der „Bravo“ bezog, sondern überdauerten auch Jahrzehnte, in denen auf Revivalpartys, Geburtstagsfeiern und Abschlussfeste „1000 und 1 Nacht“ in jede Playlist hineingehörte. Dagegen hat Klaus Lage nichts einzuwenden, wenngleich dieser Überhit das zum Teil höherklassige Repertoire vor allem späterer Werke gnadenlos verblassen lässt – auf Konzerten weiß Lage um seine Verantwortung gegenüber den Fans: „Es macht immer noch Spaß, das mit den Leuten zusammen zu singen. Aber ich finde es schön, dass es nicht mehr so darauf fokussiert ist. Natürlich wollen es die Leute hören und es gehört auf jeden Fall immer zu einem Konzert von mir dazu.“ So das Statement des Soltauers gegenüber der Frankenpost 2008.

Denn – seien wir ehrlich: Wirklich „Zoom!“ macht es nun mal live erst, wenn dieser Titel gespielt wird…

Aktuell: Klaus Lage, inzwischen ohne Band unterwegs, ist regelmäßig zu hören und zu sehen: Regelmäßig werden neue Alben veröffentlicht, Auftritte auf diversen Bühnen wie in Marienwerder, Kelkheim/Taunus und Runkel/Lahn zeigen seinen unermüdlichen musikalischen Ehrgeiz. Halt in etwas kleinerem Rahmen.

Urteil: Robustes Deutschrock-Brett, das wegen seiner Rhythmik und textlichen Fokussierung, vor allem jedoch aufgrund des sympathischen Eckkneipen-Charmes des Sängers, zu den wenigen Songs hierzulande gehört, die tatsächlich zeitlos geblieben sind.

Jan

Klaus Lage Band – 1000 und 1 Nacht
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