Datum 1990
höchste Platzierung 8
Album Luxus
Website http://www.groenemeyer.de/

SPRÖDER TANZBARER KONZERTHIT

Wenn ein Repräsentant des deutschen Intellektuellen-Pops immer mal wieder seinen Ruf als Meinungsquerulant und unangepasster Gesellschaftsanalytiker unter Beweis stellen musste, dann war es wohl der „großmäulige, rechthaberische und bolligere“ (Selbsteinschätzung) Göttinger namens Herbert Grönemeyer. Um hierfür den Beweis zu erbringen, genügt allein jenes Interview, das er einst mit dem „Musik Express“ im Vorfeld zum Erscheinen seines neuesten Albums „Luxus“ führte. Ob es um die Frage eines möglichen Konzerts am Brandenburger Tor („diese ‚Wall‘-Geschichte ist auch so ein Ding, man hat uns ebenfalls gefragt, da mitzumachen, aber das ist doch was für Walt Disney“), um Musikerkollegen wie BAP und Westernhagen („das ist wirklich der dümmste Dorf-Tratsch, es gibt für mich keine Konkurrenz. Meine einzige Konkurrenz bin ich selbst“) oder sein Image als launische Diva („Ich gehe schon auf die Leute zu, rede mit ihnen – bis sie mir das Taschenmesser in den Rücken stoßen“) geht – Grönemeyer war schon immer äußerst speziell, wenn es um seine Ansichten ging. Am liebsten ließ er erst gar keine Journalisten in seine Nähe geraten.

Aber nun stand halt demnächst wieder eine neue Platte in den Regalen der Musikläden, und ein bisschen Promotion-Arbeit ließ sich nicht vermeiden. „Luxus“ kam am 17. September 1990 heraus und war der Nachfolger vom äußerst erfolgreichen Vorgängeralbum „Ö“. War er immer noch in Höchstform? Er gab sich jedenfalls viel Mühe: „Hartgeld“ war ein kritisches Pamphlet gegen die Währungsunion, „Luxus“ die selbst ernannte Hymne zum Kapitalismusexorzismus und „Freunde“ ein zwielichtiger Versuch, das Thema „Kindesmissbrauch“ in ein wohliges Poparrangement zu tauchten. Und Track Nr. 2? Verdammte die Falschheit harmoniedurchfluteter Beziehungen mit höchst unromantischen Zeilen wie „Bist wie’n schlapper Sandsack, der mit jedem Schlag mitgeht, ich spucke, beiße, trete.Vergeblich – du bist zu zäh…“. Ein ziemlich rockiger Gegenentwurf zu jeglichem klassischen Liebesliedgut.

„Deine Liebe klebt“ klingt angesichts seiner krächzenden Poprock-Attitüde mit spitzfindiger Refrainprosa gar nicht so weit entfernt von jenem ungeliebten Westernhagen, mit dem Grönemeyer inzwischen eine herzliche Hassbeziehung pflegte. Gerade diese Eingängigkeit und zuweilen sogar spröde Tanzbarkeit dieses Songs macht ihn nicht wirklich zu den Besseren von den neun Songs aus „Luxus“. Allein der Titeltrack, um vieles poppiger und rhythmischer, wirkt variationsreicher und stimmiger, bietet eine gewisse melodische Dramaturgie, wohingegen sich „Deine Liebe klebt“ etwas zu bemüht und ideenlos präsentiert. Auch wenn der Refrain wieder metaphorische Feuerwerke darbietet: „Deine Liebe klebt,du gehst mir auf den Geist. Worte wie Watte, in Harmonie eingeschweißt.“

Es war der einzige Top 10-Hit aus dem „Luxus“-Album und in den 90er Jahren, insgesamt sogar für die nächsten 12 Jahre – bis er mit „Mensch“ 2002 ein furioses Comeback erleben sollte.

Aktuell: Nach seinem letzten Album „Tumult“ ist Grönemeyer erstmal auf ausgedehnter Deutschlandtour.

Urteil: Ein bisschen aufgesetzt, ein wenig zu dröhnend: Grönemeyers „klebende Liebe“ gehört zu den mäßig großen Sprüngen seiner Laufbahn und funktioniert vor allem auf seinen Konzerten recht gut.

Jan

Herbert Grönemeyer – Deine Liebe klebt
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2 Gedanken zu „Herbert Grönemeyer – Deine Liebe klebt

  • Insgesamt betrachtet halte ich „Luxus“ aber für ein in seiner Gänze doch wirklich gelungenes Album, das ich mir immer wieder gerne anhöre. „Hartgeld“ ist ein klassischer Opener, „Marie“ eine der besten Grönemeyer-Balladen aller Zeiten. Hmmmm, ich mach mir das gleich noch einmal an…

    1. Auf jeden Fall, „Luxus“ gehört insgesamt zu seinen besseren Alben! Dennoch bleibt „Ö“ meines Erachtens unerreicht. Aber vielleicht sollte ich auch nochmal hineinhören…;-)

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